Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

Als wir nach glücklicher Reise im Haag incognito angelangt waren (wir 
sind unter dem Namen der Grafen von Bergh gereist), bestiegen wir unsere 
Wagen, um nach dem eine halbe Stunde entfernten Scheveningen zu fahren. 
Wie wir die dorthin führende Straße an einem Kanal herabfuhren, erblickten 
wir auf dessen anderer Seite einen großen, von herrlichen Bäumen um— 
säumten Rasenplatz. Auf diesem Platze, Malkebaan genannt, sahen wir 
Truppen stehen, deren Baradeanzug in der Mittagssonne glitzerte. Um den 
höchst seltenen Anblick einer holländischen Barade nur nicht zu verpassen, läßt 
General von Gottberg anhalten. Wir springen heraus, gehen über die Kanal- 
brücke und wollen eben uns unter die Zuschauer stellen, als wir plötzlich 
Rossegetrampel hinter uns hören. Wie wir uns umdrehen, sehen wir einen 
General mit seiner Suite die Straße daherreiten. Wir machen schnell Blatz 
und konnten nun uns den General genauer betrachten. Seine Uniform bestand 
aus einem kurzen, mit goldenen Husaren-Schnüren verzierten schwarzen Rock, 
grauen Beinkleidern, die so weit geschnitten waren, daß sie wie ein Baar 
Säcke saßen, und einer Husaren-Belzmütze. Sobald der General — Michel- 
hof war sein Name — näher herankam, erkönte über den Platz ein Signal= 
horn, welches von den Tambours mit einem Wirbel beantwortek wurde. 
Wir hatten nun Zeft, die ganze Truppenaufstellung zu sehen. 
Diese nahm die drei Seiten eines offenen Karrees ein, dessen Sffnung 
gegen uns gerichtet war. Auf dem rechten Flügel, also links von uns aus ge- 
sehen, standen 4 Bataillone Infanterte, 2 Bataillone Garde-Grenadiere und 
2 Bataillone Jäger, jedes Bataillon zu 7 Kompagnien. Uns gegenüber standen 
2 Batterien 6-BRfünder zu 6 mit 6 Pferden bespannten Geschützen, auf der 
letzten Seite 4 Schwadronen Husaren. Sobald General MWichelhof auf den 
Platz gekommen, sprach er erst mit einigen Offizieren, während die Truppen 
im Rühren blieben. Endlich ritt er auf die Infanterte zu, um die Front 
binunter zu reiten. Aun standen sie still und faßten zwar das Gewehr an, 
aber von Bräsentieren war keine Rede, das Musikkorps der Grenadiere spielte 
einen hübschen Marsch, das der Zäger blieb stumm. Bei der Kavallerie und 
Artillerte standen die Schwadron-Chefs und Batterte-Kommandeure ihren 
Gronten gegenüber, während der General mitten zwischen hindurchritt. So- 
wie er fertig war, sprengte er um den Flügel der Kavallerie herum und be- 
sichtigte diese sowie die anderen Truppen von hinten. Je nachdem er vorbei 
war, schwenkte die Kavallerke ab, was leidlich gut ausstel. Die 4 Bataillone 
marschkerten nun mit Gewehr über in Kolonne heran, schwenkten dann auf 
den Hacken und nahmen dicht vor uns Aufstellung so, daß sie nochmals eine 
Schwenkung zu machen hatten, um geradeaus bei dem General vorbeizu- 
kommen. Wie sie herankamen und das Kommando „Halt“ erfolgte, wurde 
es einen Moment ein wenig unordentlich, denn einige Leute blieben zu früh 
stehen, andere liefen vor, und so mußten sie sich zuerst einrichten. Endlich 
kam das Kommando zum Parademarsch mit Gewehr über. Die vereinte 
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