Full text: Kaiser Wilhelm II. Aus meinem Leben 1859-1888.

hier gern gesehen. Aber während General v. Schwelnitz wegen selner ge- 
raden biederen Chrlichkeit — welche ganz besonders für den Katser paßt — 
bei allen beliebt ist, so ist Werder mehr der Liebling gewisser älterer Damen- 
kreise, welche noch in Erinnerung an vergangene Zeiten leben und sich deß- 
halb nicht gern von ihm trennen mögen, wie man sich nicht gern von 
einem lieben alten Möbel trennt, das einem ans Herz gewachsen. Zu diesen 
Damen gehörk vor allem die Fürstin Helene Kotschubep, unser aller und Deine 
spezielle Freundin und innigste Verehrerin, die mich mit Grüßen für Dich 
überhäuft hat. Besonders beliebt ist Graf Herbert Bismarck, der in kürzester 
Jeit der Liebling der ganzen Stadt geworden. Er hat durch seinen regen 
Fleiß und Studium der Strömungen und deren Urheber in den hiesigen 
Kreisen eine sehr gute Orientierung über die dork herrschenden Ansichten er- 
worben und hat durch seine derbe, offene Ark im Berkehr mit eminenten 
Leuten ungemein viel zur Wiederherstellung der freundschaftlichen Beziehungen 
zu uns beigetragen. Hier ist man untröstlich, daß er fort muß. 
Walusew und Tolstok sind gerade so gute und feste Preußen geblieben, 
als sie schon waren und sind bekannt dafür. Den Kriegsminister habe ich 
nicht kennen gelernt; man hört wenig von ihm, und wenn man von ihm hört, 
so ist es gewöhnlich nichts Schmeichelhaftes, es scheink, daß er recht unbe- 
deutend ist und ganz in den Oänden vom Stabschef Obrutschew, der ein 
roter Republikaner und ein geschworener Deutschenhasser ist. Man mißtraut 
ihm hier auch sehr. 
Indem ich hiermit die Berichte abschließe, erlaube ich mir die Hoffnung 
gehorsamst auszusprechen, daß meinen geringen Kräften es gelungen sein 
möge, ungefähr in Deinem Sinne ein Körnchen zum Nutzen des Baterlandes 
und zu Deiner Zufriedenheit hinzuzutragen und dadurch die freundlichen Be- 
ziehungen der beiden Länder festigen zu helfen. Dies getan zu haben, würde 
mich mit stolzer Freude beseelen. 
Wilhelm Brinz von Preußen. 
Nr. 11. 
(Ju Seite 209.) 
Prinz Wilhelm an Kaiser Wilhelm I. 
Se kretl! Winterpalais, den 22. Mai 1884. 
Lieber Großpapal 
Soeben war Graf Herbert Bismarck bei mir und hatte mir eine so er- 
freuliche Nachricht mitgebracht, daß ich nicht umhin kann, sie Dir sofort mit- 
zuten Graf Bismarck meldete mir, daß gestern der Herr v. Giers in freu- 
digster Bewegung bei ihm angekommen fei und ihm wie folgt berichtet habe: 
383
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.