hier gern gesehen. Aber während General v. Schwelnitz wegen selner ge-
raden biederen Chrlichkeit — welche ganz besonders für den Katser paßt —
bei allen beliebt ist, so ist Werder mehr der Liebling gewisser älterer Damen-
kreise, welche noch in Erinnerung an vergangene Zeiten leben und sich deß-
halb nicht gern von ihm trennen mögen, wie man sich nicht gern von
einem lieben alten Möbel trennt, das einem ans Herz gewachsen. Zu diesen
Damen gehörk vor allem die Fürstin Helene Kotschubep, unser aller und Deine
spezielle Freundin und innigste Verehrerin, die mich mit Grüßen für Dich
überhäuft hat. Besonders beliebt ist Graf Herbert Bismarck, der in kürzester
Jeit der Liebling der ganzen Stadt geworden. Er hat durch seinen regen
Fleiß und Studium der Strömungen und deren Urheber in den hiesigen
Kreisen eine sehr gute Orientierung über die dork herrschenden Ansichten er-
worben und hat durch seine derbe, offene Ark im Berkehr mit eminenten
Leuten ungemein viel zur Wiederherstellung der freundschaftlichen Beziehungen
zu uns beigetragen. Hier ist man untröstlich, daß er fort muß.
Walusew und Tolstok sind gerade so gute und feste Preußen geblieben,
als sie schon waren und sind bekannt dafür. Den Kriegsminister habe ich
nicht kennen gelernt; man hört wenig von ihm, und wenn man von ihm hört,
so ist es gewöhnlich nichts Schmeichelhaftes, es scheink, daß er recht unbe-
deutend ist und ganz in den Oänden vom Stabschef Obrutschew, der ein
roter Republikaner und ein geschworener Deutschenhasser ist. Man mißtraut
ihm hier auch sehr.
Indem ich hiermit die Berichte abschließe, erlaube ich mir die Hoffnung
gehorsamst auszusprechen, daß meinen geringen Kräften es gelungen sein
möge, ungefähr in Deinem Sinne ein Körnchen zum Nutzen des Baterlandes
und zu Deiner Zufriedenheit hinzuzutragen und dadurch die freundlichen Be-
ziehungen der beiden Länder festigen zu helfen. Dies getan zu haben, würde
mich mit stolzer Freude beseelen.
Wilhelm Brinz von Preußen.
Nr. 11.
(Ju Seite 209.)
Prinz Wilhelm an Kaiser Wilhelm I.
Se kretl! Winterpalais, den 22. Mai 1884.
Lieber Großpapal
Soeben war Graf Herbert Bismarck bei mir und hatte mir eine so er-
freuliche Nachricht mitgebracht, daß ich nicht umhin kann, sie Dir sofort mit-
zuten Graf Bismarck meldete mir, daß gestern der Herr v. Giers in freu-
digster Bewegung bei ihm angekommen fei und ihm wie folgt berichtet habe:
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