Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

210 Studien über 
nur dann leidlich leben kann, wenn die Erndten wirklich gut sind, 
und dass eine übergrosse Menge von Leuten von Taglohn leben 
oder aus Taglöhnerei einen grösseren oder geringeren Zuschuss 
zu dem Lebensunterhalt erwerben muss, den ihnen der Boden 
giebt, mit einem Wort, dass ein allzu bedeutender Bruchtheil 
unsrer landwirthschaftlichen Bevölkerung eine Taglöhner - und 
Kartoffelbevölkerung ist. In solcher Lage ist auch ein verhält- 
nissmässig kleiner Rückschlag im Ertrag der gewöhnlichen 
Nahrungsquellen im Stande, einen grossen Nothstand hervorzu- 
rufen. 
Woher kommt es aber, dass die Zustände so sind? Ganz 
gewiss aus keinem andern Grund, als weil mit der steigenden 
Bevölkerung die Verkleinerung der Nahrungsstellen und insbe- 
sondere der Grundbesitzungen ein Maass erreicht hat, welches 
kein anderes Leben mehr möglich macht, als eben das -bezeich- 
nete, weil unser Landvolk, anstatt besonnen und tüchlig ein 
höheres Maass von Lebensgenuss als die nicht zu überschreitende 
Grenze festzuhalten und im einzelnen lieber auf einen Hausstand 
zu verzichten als einen solchen zu begründen, der ökonomisch 
nicht gerechtfertigt wäre, sich tiefer und tiefer in seinen An- 
sprüchen ans Leben herunterbegeben und die Kraft und Selbst- 
überwindung nicht gefunden hat, sich bei Verkleinerung der 
Nahrungsstellen selbst die Schranke aufzuerlegen, welche das 
Gesetz ihm zu stellen unterlassen hat. 
Dass diese Erklärung richtig ist, ergiebt sich aufs deutlichste 
aus der unmittelbaren Anschauung des Lebens in denjenigen 
vorherrschend landwirthschaftlichen Distrikten, wo gesetzliche 
Freiheit und Sitte die Theilung des Bodens schon lange begünstigt 
haben. Aber auch ein bestimmter Beweis ist für dieselbe mög- 
lich mittelst einer statistischen Vergleichung dieser Landestheile 
mit solchen, welche geschlossene Höfe und grössern Grundbesitz 
sich erhalten haben. 
Bevor ich indessen diese Vergleichung versuche, sei cs mir 
erlaubt, einige Bemerkungen und Wünsche in Betreff der land- 
wirthschaftlichen Statistik in unserm Lande auszusprechen, welche 
das Material zu der anzustellenden Vergleichung liefern soll. 
Ich weiss kein Land in Deutschland, wo mehr Mühe und
	        
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