Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht. 25 
Auch die ihnen gegenwärlig zugewiesene beschränkte Auf- 
gabe erfüllen die Landarmenverbände nur sehr unvollkommen. 
Die Mängel der unteren Behörden müssen auch hier sich geltend 
machen; es fehlt an geeigneten Bestimmungen, wonach die 
Leistungsfähigkeit der einzelnen Gemeinden, oder die Verpflich- 
iung der Landarmenverbände nunmehr einzutreten, zu beurtheilen 
wäre; die Entscheidung über die Nothwendigkeit einer Beihilfe 
von Seite des Landarmenverbandes erfolgt von Behörden, welche 
die Verhältnisse der betreffenden Person oder Gemeinde in der 
Regel nur aus Berichten und Actenstücken kennen. 
Dass es bei der Organisation der Landarmenverbände an 
umfassenden Gesichispunkten gefehlt hat, erkennt man schon 
aus dem Umstande, dass der Umfang derselben hier auf einzelne 
Kreise und Städte, wie Potsdam und Frankfurt a. d. O. beschränkt, 
dort über eine ganze Anzahl von Kreisen und selbst über zwei 
Regierungsbezirke ausgedehnt ist. Für einige Zwecke der Armen- 
pflege ist ein grösserer Verband ohne Zweifel geeigneter, für 
andere ein kleinerer; wenn für dieselbe Aufgabe Verbände so 
verschiedenen Umfanges hergestelli werden, muss dieselbe in 
einer Beziehung hier, in der anderen dort ungenügend gelöst 
werden. Der Verband eines landräthlichen Kreises ist zu klein, 
um bei ausgedehnteren Nothsländen, wie sie durch Missernten 
oder Handelskrisen, ansteckende Krankheiten u. dgl. herbeigeführt 
werden, wirksame Hilfe zu gewähren; denn durch solche Un- 
fälle wird in der Regel der grössere Theil des Kreises gleich 
hart getroffen. Dagegen ist das Gebiet ganzer Regierungsbezirke 
zu gross, um für Kranken- und Arbeitshäusser noch eine wirk- 
lich gemeinsame Benutzung zu geslatten. 
Fast noch tiefgreifender, als die Zersplilterung der Gemein- 
den und die ungenügende Organisation der Armenverbände ist 
der Mangel eines zweckmässigen und übereinsliimmenden Maass- 
stabes zur Vertheilung der Kommunalabgaben. In 
dieser Beziehung herrscht innerhalb der einzelnen Gemeinden 
desselben Kreises oft die grösste Verschiedenheit; noch grössere 
Abweichungen bemerkt man zwischen verschiedenen Kreisen und 
Provinzen, ohne dass eine wirkliche Verschiedenheit der Ver- 
hältnisse oder Pflichten dieselben ‚begründete. Sie sind hervor-
	        
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