über Armenpflege und Heimathsrecht. 93
erreichen, haben ihn ebensowohl. ungünstige Konkurrenzver-
hältnisse als die eigene Schwäche verhindert.
Der Lohn wurde früher zum grössten Theil in Naluralien
gewährt ; die. Geldwirthschaft war nur wenig entwickelt. Hier-
nach standen der sofortigen Steigerung des Geldlohnes bis zu
der Höhe, welche die neue Pflicht des Arbeiters, seine ferner
liegenden Bedürfnisse nunmehr selbst zu übertragen, bedingt hätte,
schon von Seiten der Lohnherren die grössten Schwierigkeiten
entgegen. Die sonst in Unglücksfällen nothwendige Unterstützung
wurde in Naturalien gewährt, was für den Gutsherrn theils an
und für sieh minder kostspielig war, theils seinen Neigungen
viel mehr entsprach, weil der Umfang der Beihilfe von seinem
Ermessen abhing und diese überhaupt als ein Ausfluss des Wohl-
wollens erschien.
Die Mehrzahl der ländlichen Arbeiter blieb und steht noch
heute wesentlich. in demselben Verhältnisse; der Unterschied liegt
nur darin, dass sie jederzeit durch Kündigung in die Klasse der
ganz ungebundenen Arbeiter (Loosleute) treien oder versetzt
werden können, was insbesondere bei herannahendem Alter oder
sonst abnehmender Arbeitskraft häufig vorkommt. Sie nehmen
dann in ihr neues Verhältniss keine Ansprüche an ihren bis-
herigen Lohnherrn auf Unterstützung bei eintretender Hilfe-
losigkeit mit hinüber.
Den Wegfall dieser ferne liegenden Aussicht auf Unterstützung
durch eine Erhöhung des Geldiohnes sofort zu ersetzen, würde
dem Gutsherren in den meisten Fällen nicht leicht gewesen sein,
da er ohnehin schon durch den theilweisen Uebergang zur Geld-
wirthschaft häufig in Verlegenheit kam.
Jedenfalls nöthigte ihn die Konkurrenz nicht dazu. Noch
viel weniger stellte sich der Verdienst der ganz ungebundenen
Arbeiter (Loosleute) im Vergleich zu dem der in festem Ver-
trage stehenden (Instleute) soviel höher, dass sie von ihrem
Erwerb zur selbstständigen Uebertragung solcher Unfälle, bei
welchen sonst der Gutsherr auszuhelfen pflegte, leichter einen
Nothpfennig hätten zurücklegen können. Ihr regelmässiger Er-
werb ist vielmehr im Allgemeinen sehr viel geringer, weil das
Angebot solcher Dienste sehr viel grösser ist, als — insbesondere
Zeitschr. für Staatsw. 4853. 1s Heft. 3