Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

452 Studien über württembergische Agrarverhältnisse. 
dafür geben konnle, oder endlich, wo der Besitzer nach ganz 
freier Wahl den Gutsübernehmer bestimmte, überall könnten die 
gleichen Formen ‚wie bisher fortbestehen. Nicht einmal für den 
seltenen Fall würde eine gesetzliche Bestimmung über den Guts- 
erben nothwendig seyn, wenn die Eltern über ihr Gut vor ihrem 
Tod noch nicht zu Gunsten eines bestimmten Kindes verfügt 
hätten. Es bliebe hier immer noch die Möglichkeit, dass sich 
die Kinder über die Uebernahme verständigten und als letzte 
Hülfe, dass das Gut als Ganzes verkauft würde. So könnte das 
neue Gesetz recht wohl mit und neben dem ganzen Privatrecht 
bestehen, wie. diess bei der bisherigen Uebung auch der Fall war. 
Auch allgemeine Interessen würden dabei nicht verletzt. 
Denn nichts würde hindern, dass für das Interesse der Nichtland- 
wirthe und Taglöhner, einigen Grundbesitz zu erwerben, dadurch 
gesorgt würde, dass der Theil einer Gemarkung, der bis jetzt 
walzend war, es auch für die Zukunft bliebe, oder dass, wo es 
noihwendig wäre, ein grösserer Theil zum freiesten Verkehr be- 
stimmt würde. Ueberdiess könnte für ein noch weiter gehendes 
Bedürfniss nach Grund und Boden für gewerbliche Anlagen, für 
Wohnungen, für Gärten nach der Art, wie es das sächsische Ge- 
selz thul, vollkommen gesorgt werden. 
Sodann wende man nicht ein, das Interesse der Bodenkultur for- 
dere Theilung und Kleinbesitz. Denn, wo ein Gut wirklich zu gross 
wäre, als dass.es von einem bäuerlichen Besitzer gut bewirthschaflet 
werden könnte, wäre Möglichkeit einer Theilung nicht ausgeschlos+ 
sen. Solche Fälle jedoch werden bei uns, wenn sie überhaupt vor- 
kommen, ausserordentlich selten seyn. Das aber wird Niemand, der 
auch noch so sehr von den Vorzügen der Kleinkultur überzeugt ist, 
behaupten wollen, dass ein grösseres Bauerngut, das ausser den 
Arbeitskräften der Familie selbst auch noch einige Dienstboten und 
in den arbeitsvolleren Zeiten des Jahres Taglöhnerarbeit bedarf, 
unbedingt schlechter bewirthschaftet werden müsse, als ein klei- 
neres, so lange es sich nämlich um wirklichen Ackerbau und 
Viehzucht, und nicht um Gartenwirthschaft handelt. Die Theorie 
spricht nicht für diesen Satz; sie bringt gegen jeden Vorzug ei- 
nes kleineren Guts mindestens einen gleichgewichtigen für grössere 
Wirthschaften, und die Erfahrung scheint, wenigstens in unserm
	        
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