aus den Handlungen einer Zwischenherrschaft. 95
keit sich befanden; dass die Unterthanen der bestehenden Re-
gierung gehuldigt hatten und willig Gehorsam leisteten, dass
also mil einem Worte ein vollständig und definitiv ge-
regelter Staatsorganismus in demselben exislirte, den
die Rechtsüberzeugung des ganzen Volkes als solchen betrachtete
und welchen man milhin in rechtlicher Beziehung nicht nach
Grundsätzen beurtheilen kann, welche nur auf die Acte einer
vorübergehenden feindlichen Occupation oder allenfalls einer
provisorischen feindlichen Verwaltung als passend betrachtet
werden können. Dass die Hannover’sche Regierung die west-
phälische Verfassung und Gesetzgebung und alle dadurch be-
gründeten Einrichtungen durch Wiedereinführung der alten Ver-
fassung und Landesgeseizgebung für die Zukunft beseitigen konnte
und in Betreff der damit verbundenen Umgestaltung der Rechts-
verhältnisse durch transitorische Verordnungen, wie sie
wirklich erlassen sind, nähere Festsetzungen zu machen befugt
war, verstand sich ganz von selbst; allein ebenso wenig, wie
sie zu einer retroaciiven Ausübung ihrer Regierungs-
rechte gegen ihre Unterthanen oder Dritte in Beziehung auf
die unter der Zwischenherrschafl abgelaufene Regierungsperiode,
z. B. Nachforderung von Steuern, Abgaben und Diensten be-
rechtigt war — ein Recht, was sie im Allgemeinen auch niemals
in Anspruch. genommen hal; — ebenso wenig konnte sie die
Handlungen der richterlichen und administrativen Gewalten in der
Zeit der westphälischen Zwischenherrschaft rückwärts annulli-
ren, und insofern dabei jura quaesita oder Privalrechte in Frage
kamen, für die Zukunft nur innerhalb. derjenigen Grenzen eine
Abänderung eintreten lassen, welche der Gesetzgebung hinsicht-
lich des wohlerworbenen Rechts überhaupt gesteckt sind.
Die Folgerengen, welche sich hieraus für die Beurtheilung
der vielbesprochenen Domainenveräusserangsfrage er-
geben, liegen nahe !). Ebenso wird man in Betreff der von
der Zwischenhertschaft contrahirten Schulden, deren Gültigke#
oder Verbindlichkeit an sich nicht in Abrede stellen können.
1) Vgl. Heffter, Europäisches Völkerrecht 6. 188. Nr. IV. — Zöpfl,
Grandsätze des constitutionellen Staatsrechts. 3te Ausgabe. $. 74. 5. 128.