Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

174 4. Buch. Die Organe der kommunalen Selbstverwaltung in Preußen. 
1. Der Provinziallandtag (die Provinzialversammlung) besteht 
aus Abgeordneten der Land= und Stadtkreise der Provinz. In den 
Provinzen Ost= und Westpreußen, Brandenburg, Pommern und Sachsen 
werden für jeden Kreis 2 Abgeordnete, in der Provinz Schlesien für 
jeden Kreis mit weniger als 40 000 Einwohnern 1 Abgeordneter, für 
jeden Kreis mit 40 000 oder mehr Einwohnern 2 Abgeordnete gewählt. 
In Fällen mit höherer Einwohnerzahl eines Kreises werden drei und 
mehr Abgeordnete gewählt. 
Die Abgeordneten werden auf 6 Jahre gewählt und zwar der 
Landkreise von den Kreistagen, der Stadtkreise von dem Magistrat und 
der Stadtverordnetenversammlung in gemeinschaftlicher Sitzung unter 
dem Vorsitze des Bürgermeisters. 
Wählbar zum Mitgliede des Provinziallandtages ist jeder selb- 
ständige Angehörige des Deutschen Reichs, welcher das 30. Lebensjahr 
vollendet hat, sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befindet 
und seit mindestens einem Jahre der Provinz durch Grundbesitz oder 
Wohnsitz angehört. 
Die Einberufung des Provinziallandtages erfolgt von dem Könige 
alle zwei Jahre wenigstens einmal, außerdem aber, so oft es die 
Geschäfte erfordern. Die Ladung der Mitglieder, die Eröffnung und 
Schließung des Provinziallandtages erfolgt durch den Oberpräsidenten 
der Provinz als königlicher Kommissarius oder den für ihn in dieser 
Eigenschaft ernannten Stellvertreter. Die Sitzungen des Provinzial- 
landtages sind in der Regel öffentlich. Die Beschlußfähigkeit wird 
bedingt durch die Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder; 
die Beschlüsse selbst werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Der selbst- 
gewählte Vorsitzende leitet die Verhandlungen, eröffnet und schließt 
die Sitzungen und handhabt die Ordnung in denselben. Im übrigen 
regelt der Provinziallandtag seinen Geschäftsgang durch Geschäftsordnung. 
Der Geschäftskreis des Provinziallandtages ist folgender. Allgemein: 
Abgabe von Gutachten über die die Provinz betreffenden Gesetzent- 
würfe, Vertretung des Provinzialverbandes, Verwaltung aller Provinzial-= 
angelegenheiten, soweit sie nicht dem Provinzialausschusse und dem 
Landesdirektor übertragen sind, insonderheit Beschlußfassung über die 
Verwendung der staatlichen Zuschüsse (Dotationen), über die Einnahmen 
aus dem Provinzialvermögen, die Feststellung des Provinzialhaus- 
haltsetats, die Einrichtung von Provinzialämtern, die Feststellung 
der Grundsätze, nach denen die Verwaltung des Provinzialverbandes 
zu erfolgen hat, Beschlußfassung über die Veräußerung von Grund- 
stücken und Immobiliarrechten. Der Provinziallandtag vollzieht die 
Wahlen zum Provinzialausschusse. · 
2. Der Provinzialausschuß. Er besteht aus einem Vorsitzenden 
und einer durch das Provinzialstatut festzusetzenden Zahl von mindestens 
7 bis höchstens 13 Mitgliedern. Außerdem ist der Landesdirektor 
von Amts wegen Mitglied des Provinzialausschusses. Der Vorsitzende, 
die Mitglieder des Provinzialausschusses und aus der Zahl der letzteren 
der Stellvertreter des Vorsitzenden werden von dem Provinziallandtage 
gewählt. Wählbar ist jeder zum Provinziallandtage wählbare An-
	        
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