Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

190 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
Staat ein Kündigungsrecht, so kann er dem Gläubiger die Wahl stellen 
zwischen der Rückzahlung des Nennwerts der Schuld und der An- 
nahme der modifizierten Umwandlung. Hiervon hat auch der preußische 
Staat Gebrauch gemacht. 
Zugleich mit der Konsolidation wurde das Tilgungsrecht der Anleihen 
seitens des Staates in der Weise geregelt, daß der Tilgungsplan 
entweder durch Gesetz von vornherein festzustellen ist oder aus den 
lberschüssen des Staatshaushalts erfolgt. Nach dem Gesetz beträgt 
die Tilgung mindestens /8 vom Hundert der jeweiligen Staatsschuld, 
außerdem sind die nach etwaiger Ergänzung des Eisenbahnausgleichs- 
fonds verbleibenden vollen Staatshaushaltsüberschüsse zur Tilgung zu 
verwenden, vgl. Ges. vom 8. März 1897 (GS. S. 43) geänd. (§ 3) 
Ges. vom 3. Mai 1903 (GS. S. 155). 
Das herauszuzahlende Anleihekapital ist regelmäßig der Nennwert. 
Wird zu dem Nominalbetrage noch ein Gewinn versprochen und zwar 
ein unbestimmter für alle, oder ein bestimmter, aber nur für die durch 
Auslosung näher Bezeichneten, so spricht man von einer Prämien-- 
anleihe. Eine solche Prämienanleihe darf seit 1871 (RG. vom 
8. Juni 1871) nur ausgegeben werden, wenn dies durch besonderes 
Reichsgesetz gestattet wird. Diese Erlaubnis ist bisher noch nie erteilt 
worden. Die noch umlaufenden Prämienanleihen (Bayerische, Badische, 
Gothaer u. a. m.) stammen noch aus der Zeit vor 1871. Zulässig ist 
auch in Preußen (preußisches Ges. v. 20. Juli 1883) und im Deutschen 
Reich (RG. v. 31. Mai 1891) die Anteile auf den Namen der Gläubiger 
in das Staats= bezw. Reichsschuldbuch eintragen zu lassen. Diese 
Beurkundung ist bloß eine nachträgliche; zunächst muß sich der Gläubiger 
über seine Forderung die Inhaberurkunde geben lassen und diese mit 
dem Antrage auf Eintragung zum Schuldbuch einreichen. Die Inhaber- 
urkunde wird alsdann vernichtet, der Gläubiger in das Buch eingetragen 
und ihm über die Eintragung eine Bescheinigung gegeben; die über die 
Inskription lautenden Scheine sind bloße Eintragungsbenachrichtigungen. 
Bei Veräußerung des Gläubigerrechts wird auf den beglaubigten 
Antrag des alten Gläubigers die Forderung auf den neuen Gläubiger 
im Grundbuch umgeschrieben. Auf Antrag kann die Eintragung 
gelöscht und dem Gläubiger wieder eine Inhaberurkunde über seine 
Forderung ausgehändigt werden. 
Die Staatsschuldverschreibungen dürfen zur Anlegung von Spar- 
kassen und Mündelgeldern (pupillarische Sicherheit) verwendet werden. 
(V. vom 12. Dezember 1838 GS. 1839 S. 5). 
Die Ausgabe, Verzinsung und Einziehung der Schuldurkunden des 
Staats geschieht durch die Hauptverwaltung der Staatsschulden, 
welche dem Finanzminister direkt unterstellt ist. An der Spitze der 
Verwaltung steht ein Direktor, ihr gehören an mindestens drei Mit- 
glieder. Unter der Hauptverwaltung stehen die Staatsschuldentilgungs- 
kasse und die Kontrolle der Staatspapiere (Ges. vom 24. Februar 
1850 . S. 57] §§ 1—6, 16, 17 nebst Ges. vom 13. Febru 
1884 GS. S. 647). · 
Die Aufsicht über die Hauptverwaltung übt die Staatsschulden-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.