192 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung.
des Staates auf herrenlose Grundstücke. Das preußische ALR. II, 16
88 8 und 12 betrachtet allerdings dasselbe als Regal des Staates,
welches der Staat anderen abtreten kann. Nach örtlichen Rechten
haben ferner im preußischen Staatsgebiet die Stadtgemeinden das
Vorrecht auf die in der städtischen Feldmark belegenen herrenlosen
Grundstücke auf Grund des sogenannten Weichbildrechts, außerdem die
Rittergutsbesitzer auf die im Gutsbezirke und in der früher zugehörigen
ländlichen Feldmark belegenen herrenlosen Grundstücke auf Grund des
sogenannten Auenrechts der Rittergüter (ugl. Dernburg BR. Bd. 3
§ 68 zu 2 und § 94 unter II 1). Vorstehende prinzipale Aneig-
nungsrechte sind auch heute noch nach Art. 129 EEG. z. BGB. in
Geltung.
Vorbehaltlich vorstehender Sonderrechte hat das BGB. jetzt in
§ 928 Abs. 2 BGB. ein Aneignungsrecht an einem aufgegebenen,
in gleicher Weise auch herrenlosen (EG. z. BGB. Art. 190) Grund-
stücke dem Fiskus des Bundesstaats, in dessen Gebiet das Grundstück
liegt, zugesprochen. Der Fiskus erwirbt das Eigentum dadurch, daß
er sich als Eigentümer in das Grundbuch eintragen läßt. Inzwischen
ist das Grundstück eigentümerlos, aber dem Erwerb durch andere ent-
zogen. Alle sonstigen dinglichen Rechte an demselben, auch ein etwaiger
Besitz, bleiben bestehen. Um die Durchführung anderweitiger Rechte
am Grundstücke möglich zu machen (Pfändung, Zwangsvollstreckung),
bedarf es einer Pflegschaft, § 1913 BGB. vgl. auch §§ 58, 787 3P.
(ogl. Biermann, Kommentar z. Sachenrecht des BGB. Anm. 2 zu
§ 928, Fischer, Recht und Rechtsschutz S. 44 ff. dogm. Jahrbuch
Bd, 38 S. 362, Hellwig, Anspruch und Klagerecht § 32 S. 231,
Eck-Leonhard, Vorträge über das Recht des BGB. Bd. 2 § 13
S. 101 Text und Anm. 6).
In ähnlicher Weise ist nach S§ 981 BGB. bei Fundsachen, wenn
seit Ablauf von drei Jahren nach der öffentlichen Bekanntmachung
ein Empfangsberechtigter sein Recht nicht angemeldet hat, ein Anfalls-
recht bezüglich des Versteigerungserlöses bei Reichsbehörden und Reichs-
anstalten zugunsten des Reichfiskus, bei Landesbehörden und Landes-
anstalten zugunsten des Fiskus des Bundesstaates, bei Gemeindebehörden
und Gemeindeanstalten zugunsten der Gemeinde, bei Verkehrsanstalten,
die von einer Privatperson betrieben werden, zugunsten dieser anerkannt.
Ein Anfallsrecht des Fiskus besteht nach § 1936 BEGB. bei erblosen
Verlassenschaften. Der Fiskus ist gesetzlicher Erbe, wenn weder ein
Verwandter noch ein Ehegatte vorhanden ist und zwar zur Zeit des
Erbfalls, oder wenn ein solcher Erbe ohne Erbberechtigung ist oder
derselben später mit Rückwirkung verlustig wurde.
Der gesetzliche Erbe des ohne sonstige Erben versterbenden Deutschen
ist der Fiskus seines Heimatsstaates.
Bei mehrfacher Staatsangehörigkeit des Erblassers teilen sich die
Landesfiski. Bei Deutschen, die keinem Bundesstaat angehören, erbt
der Reichsfiskus (§ 1936 Abs. 2 BGB.). Wo das Vermögen des
Verstorbenen sich befindet, ist gleichgültig, ebenso ob der Erblasser
zuletzt im Auslande wohnte.