§ 72. Gesundheitspolizei. 289
geführt werden, die in einen besonderen Fonds fließt, der ausschließ-
lich zu verwenden ist im Interesse des Apothekerstandes und zur all-
mählichen Ablösung von Realkonzessionen. Zu diesem Zwecke soll der
Fonds ein Vorkaufsrecht erhalten. Überdies soll die Verwaltungs-
behörde bei jedem Besitzwechsel den Preis kontrollieren können und ihn
nach sachverständiger Schätzung auf die dem wirklichen Wert entsprechende
Höhe herabsetzen dürfen. Neben der Durchführung des Grundsatzes
der unübertragbaren Personalkonzession sucht der Entwurf auch die
gewerbliche Seite des Apothekenwesens für das ganze Reich einheitlich
zu regeln.
3. Die Gesundheitspolizei in Preußen.
a) Überblick. Den Fortschritten der medizinischen und hygienischen
Wissenschaft entsprechend befindet sich die Gesundheitspolizei in fort-
gesetztem Fluß. Fortdauernd werden ihr neue Aufgaben gestellt, durch
die sie gezwungen wird, ihren Wirkungskreis zu erweitern. Schwierig
ist es daher, eine scharfe Umgrenzung ihres Arbeitsfeldes zu geben,
da die staatliche Tätigkeit gerade auf diesem Gebiete sich in fast allen
Verwaltungszweigen zeigt. Im allgemeinen wird man die staatliche
Fürsorgetätigkeit auf dem Gebiete der Gesundheitspolizei dahin um-
grenzen können, daß man eine Gefahren vorbeugende und eine Gefahren
bekämpfende Tätigkeit unterscheidet. Gerade die erstere Tätigkeit,
welche bezweckt, nicht nur die Gefahren, welche durch ansteckende Krank-
heiten, durch den Verkehr mit Giften (Berührung mit Leichen und
schädlichen Ausdünstungen), herbeigeführt werden, zu bekämpfen, sondern
viel weiter gehend auch die Beseitigung der Gefahren, welche durch
mangelhafte Nahrung (Alkoholmißbrauch), Wohnung, Wartung, Kinder-
pflege, Beschäftigung verursacht werden, erstrebt, greift in die ver-
schiedensten Spezialgebiete ein. Bei der Erörterung dieser sind daher
auch diese Fragen zu berücksichtigen. An dieser Stelle sind nur die-
jenigen Gebiete zu erörtern, welche dem allgemeinen Gesundbeits-
zwecke dienen.
b) Einzelne Gebiete der Gesundheitspolizei. Sovweit die
Bekämpfung und Verhütung ansteckender und gemeingefährlicher Krank-
heiten in Frage kommt, ist seit Gründung des Deutschen Reichs gemäß
Art. 4 Nr. 15 der RV. das Reich und dessen Gesetzgebung ausschließ-
lich zuständig. Das Reich hat sich auf diesem Gebiete nach den ver-
schiedensten Richtungen hin betätigt. Das Nähere hierüber siehe in meinem
Handbuch Bd. 1 § 123 S. 374. Nur soweit die Reichsgesetzgebung
die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten in den Bereich der
reichsgesetzlichen Regelung noch nicht gezogen hat, ist eine Zuständigkeit
der Landesgesetzgebung gegeben und aufrecht erhalten (§ 48 des
RG. vom 30. Juni 1900 RGBl. S. 306). In Preußen sind des-
halb noch besondere gesetzliche Bestimmungen getroffen bezüglich der-
jenigen übertragbaren Krankheiten, welche nicht von der Reichsgesetz-
gebung betroffen sind (also außerhalb des Rahmens des § 1 des
RG. vom 30. Juni 1900 fallen). Für Preußen gilt jetzt Gesetz vom
28. August 1905 (GS. S. 373), welches abgesehen von der reichs-
gesetzlich schon bestehenden Anzeigepflicht noch für jede Erkrankung und
Altnann, Handbuch der Bersasfung II. 19