Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

302 5. Buch. Die materielle Staatsverwaltung. 
2. Inhaltsangabe. Das Gesetz hebt zunächst gewisse feudale 
oder gutsherrliche Realrechte ohne Entschädigung auf, insbesondere 
das Obereigentum des Lehns-, Guts= oder Grundherrn und des Erb- 
zinsherrn, desgleichen das Eigentumsrecht des Erbverpächters, das 
grund= oder gutsherrliche Heimfallsrecht an Grundstücken und Gerecht- 
samen jeder Art, die Verkaufs-, Näher= und Retraktrechte an Immobilien, 
die auf Grundstücken haftende Verpflichtung, gegen das in der Gegend 
übliche Tagelohn zu arbeiten. Ferner werden noch eine Reihe von 
Berechtigungen ohne Entschädigung aufgehoben, wie das Widerspruchs- 
recht gegen die Zerstückelung eines abgaben= und leistungspflichtigen 
Grundstücks, die Abgaben= und Leistungspflicht der Nichtangesessenen 
an die bisherige Guts-, Grund= oder Gerichtsherrschaft, soweit sie aus 
diesem Verhältnis herzuleiten sind; die Beiträge und Leistungen für 
die Lasten der Privatgerichtsbarkeit und gutsherrlichen Polizeiverwaltung, 
alle in Beziehung auf die Jagd obliegenden Dienste und Leistungen, 
alle Dienste zu persönlichen Bedürfnissen der Gutsherrschaft und ihrer 
Beamten, einschließlich der Bewachung gutsherrlicher Gebäude und 
Grundstücke u. dergl. m. 
Über die Ablösung der Reallasten wird in § 6 bestimmt, daß 
alle beständigen Abgaben und Leistungen, welche auf eigentümlich oder 
bisher erbpachts= oder erbzinsweise besessenen Grundstücken oder Gerechtig- 
keiten haften (Reallasten), ablösbar sind. Ausgeschlossen sind die 
öffentlichen Lasten mit Einschluß der Gemeindelasten, Gemeindeabgaben, 
Gemeindedienste, Deichlasten, Kirchen-, Schul= und Pfarrabgaben. 
Auf Grundgerechtigkeiten (Servituten) und Ablösungen nach der Ge- 
meinheitsteilungsordnung findet das Ablösungsgesetz keine Anwendung. 
Bezüglich der allgemeinen Grundsätze für Ablösung und Regulierung 
ist hervorzuheben, daß auf beides sowohl der Berechtigte als der Ver- 
pflichtete anzutragen befugt ist (§ 94). Bei erblicher Über- 
lassung eines Grundstücks ist nur die Übertragung des 
vollen Eigentums zulässig. Lasten, die nach diesem Gesetz 
ablösbar sind, dürfen einem Grundstück nicht auferlegt werden, mit 
Ausnahme fester Geldrenten, bei welchen aber auch die Kündigung 
nicht länger als für 30 Jahre ausgeschlossen werden kann (§ 91). 
Vorstehender Ausschluß des Kündigungsrechts auf Seiten des Grund- 
eigentümers ist durch Art 32 AG. z. BGB. für ganz Preußen ein- 
heitlich geregelt, indem die 30 jährige Frist allgemein auf 20 Jahre 
herabgesetzt wird. Diese Frist gilt auch für die beim Inkrafttreten 
des BGB. bereits eingetragenen Geldrenten mit der Wirkung, daß 
sie für diese mit dem 1. Januar 1900 zu laufen beginnt. Bei der 
Berechnung der Ablösungssumme wird zunächst von der Summe des 
ermittelten jährlichen Geldwerts der sämtlichen ablösbaren Reallasten 
die Summe des ermittelten jährlichen Geldwerts der Gegenleistungen 
in Abzug gebracht. Der Überschuß bildet den Geldbetrag, dessen Ab- 
lösung erfolgt, insoweit nicht eine Ermäßigung desselben nach § 63 
eintreten muß (§ 60). Die im 8§ 63 vorgesehene Ermäßigung geht 
dahin, daß der Besitzer einer jeden Stelle (Haus= oder Hofsstelle nebsft 
Zubehör) berechtigt ist, zu fordern, daß ihm bei Feststellung der für
	        
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