Full text: Die Verfassung und Verwaltung im Deutschen Reiche und Preußen. Zweiter Band. Preußen. (2)

§ 94. Gesetz betreffend Schutzwaldungen und Waldgenossenschaften. 345 
im Interesse der Landeskultur der Zerstörung der Wälder ent- 
gegentreten zur Erhaltung des Schutzes, den der Wald 
ewährt, zur Abwendung von Gefahren für die benachbarten Grund- 
scke oder ganze Landesteile dienen sollen, und sodann wird die 
Frage gesetzlich geregelt, unter welchen Umständen und in welchen 
Formen die Besitzer nebeneinander oder zerstreut und vermengt gelegener 
Waldbestände oder Heideländereien im Interesse der Landeskultur 
gezwungen werden können, sich zu gemeinsamen forstwirtschaftlichen 
Maßnahmen oder zur gemeinsamen forstmäßigen Bewirtschaftung ihrer 
Grundstücke in Waldgenossenschaften (Zwangsgenossenschaften) zu ver- 
einigen. Das Gesetz weist den Kreisausschüssen unter der Bezeichnung 
„Waldschutzgerichte“ im Interesse der einheitlichen Behandlung der die 
Wald= und Forstwirtschaft betreffenden Angelegenheiten die Entscheidung 
aller Fragen zu, für welche sonst die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die 
eigentliche Verwaltung und auch die Zivilgerichtsbarkeit z. B. § 7 in 
betreff der Entschädigungen zuständig sind. 
Bezüglich der Geltung des Waldschutzgesetzes 1) wird in § 1 des 
Gesetzes ausdrücklich hervorgehoben, daß die Benutzung und Bewirt- 
schaftung von Waldgrundstücken nur denjenigen landespolizeilichen 
Beschränkungen unterliegt, welche durch dieses Gesetz vorgeschrieben 
oder zugelassen sind. Nur die über die Beaufsichtigung, Benutzung 
und Bewirtschaftung der Staats-, Gemeinde-, Korporations-, Genossen- 
schafts= und Institutenforsten, sowie der schleswig-holsteinischen soge- 
kunmen Bondenholzungen bestehenden besonderen Vorschriften bleiben 
n Kraft. 
Schutzwaldungen. 8 2 des Gesetzes enthält die Begriffs- 
bestimmungen der Schutzwaldungen. In Fällen, in denen 
a) durch die Beschaffenheit von Sandländereien benachbarte Grund- 
stücke, öffentliche Anlagen, natürliche oder künstliche Wasserläufe der 
Gefahr der Versandung, b) durch das Abschwemmen des Bodens oder 
durch die Bildung von Wasserstürzen in hohen Freilagen, auf Berg- 
rücken, Bergkuppen und an Berghängen die unterhalb gelegenen nutz- 
baren Grundstücke, Straßen oder Gebäude der Gefahr einer Uber- 
schüttung mit Erde oder Steingeröll, oder der Überflutung, ingleichen 
oberhalb gelegene Grundstücke, öffentliche Anlagen oder Gebäude der 
Gefahr des Nachrutschens, c) durch die Zerstörung eines Waldbestandes 
an den Ufern von Kanälen oder natürlichen Wasserläufen Ufergrund- 
stücke der Gefahr des Abbruches oder die im Schutze der Waldungen 
elegenen Gebäude oder öffentlichen Anlagen der Gefahr des Eisganges, 
) durch die Zerstörung eines Waldbestandes (besonders durch Ent- 
waldung der Quellgebiete) Flüsse der Gefahr einer Verminderung ihres 
Wasserstandes, e) durch die Zerstörung eines Waldbestandes in den 
Freilagen und in der Seenähe benachbarte Feldfluren und Ortschaften 
den nachteiligen Einwirkungen der Winde — in erheblichem Grade 
ausgesetzt sind, kann behufs Abwendung dieser Gefahren sowohl die 
) Die Geltung des Gesetzes ist auch auf den Kreis Herzogtum Lauenburg 
ausgedehnt worden durch § 8 Nr. 7 des Gesetzes vom 25. Februar 1878 (GS. S. 97).
	        
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