— 398 —
nur zur Vertretung eigener Gesetzesvorlagen entsenden kann, darf
wieder mit Genugtuung darauf pochen, daß er selbst u. a. ein
nachgedunkeltes Stück einer zuletzt verkümmerten revolutionären
Regierung vorstellt (vgl. noch im III. Abschnitt). Diese qualifi-
zierte öffentlich-rechtliche Parteirolle vor dem Reichstage hat es
also in beiden Fällen — in längerer oder kürzerer Ableitung —
mit Regierungsfunktionen zu schaffen. Im ersten Falle verklei-
stert sie die Sprünge des noch immer nur zusammengesetzten
Staates, indem den Landesregierungen' Gehör erteilt wird; im
zweiten Falle sind es die Risse des sozialen Körpers, die auf
solchem Wege überpflastert werden sollen. Aber in keinem der
beiden Fälle erscheint die Staatlichkeit als ausschlaggebender, be-
weismachender Umstand für die Rechtsverleihung. Das letztlich
sieher in der ursprünglichen vollen staatlichen Sendung wurzelnde
Interesse am Gehör könnte heute schließlich auch ein gehobener
Verwaltungskörper geltend machen, der — sei esauf territorialer, sei
es auf beruflicher Grundlage — an der Durchführung von Reichs-
gesetzen beteiligt ist. Darum folgt aus diesem entarteten einstigen
Staatenvorrecht an sieh nichts, was noch in der Gegenwart für die
Staatlichkeit der Länder schlagend ausgespielt werden könnte. Ueber-
wiegend Neues’ mengt sich hier mit Altem. Es macht weit eher
halben Beweis für die Rückbildung zu Interessenzentren beson-
derer Art, womit andere neugebildete Interessenorganisationen in
auffälligen Wettbewerb treten. Daß solche Gedanken in der Zeit
liegen, zeigt sich auch im Verfassungsentwurfe für den Freistaat
Sachsen-Weimar-Eisenach ($ 17), der zu den Sitzungen eines
Landtagsausschusses über einen Gegenstand, „der erhebliche Inter-
essen berührt, zu deren Wahrnehmung Berufsvertretungen öffent-
lieh-rechtlicher Natur (Landwirtschaftskammer, Arbeiterkammer
u. dgl.) berufen sind“, die Zuziehung des Vorstandes der Berufs-
vertretung vorsieht“. Was noch sonst für diesen Ablauf und
14 Vgl. über diese „zweckmäßige Neuerung“, deren parlamentarisches
Schicksal bisher nicht weiter verfolgt werden konnte, den von EDUARD