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sowie den Minderwert, welcher für den übrigen
Grundbesitz durch die Abtretung entsteht, wobei
auch die Nachteile, welche aus den Anlagen dem
Restgrundstück erwachsen und dieses ohne die Ent-
eignung nicht betroffen haben würden, mit zu be-
rücksichtigen sind. Unzulässig ist die Aufrechnung
einer Werterhöhung, welche voraussichtlich durch
die ausgeführte Unternehmung dem nicht enteig-
neten Restgrundstück zuteil wird. Bei zwangs-
weiser Belastung eines Grundstücks mit einer
Dienstbarkeit wird der durch Schätzung zu ermit-
telnde Betrag des Minderwerts, welchen das
Grundstück durch Auflegung der Dienstbarkeit er-
leidet, zugrunde gelegt. Der Wert der von der
Enteignung betroffenen Nutzungs-, Gebrauchs-
und Servitutrechte sowie der Pacht und Miete
ist gleichfalls mit Rücksicht auf die Person des
Berechtigten festzustellen. Servitutberechtigten
gegenüber hat die Feststellung der Entschädigung
selbständig zu geschehen, weil die Wertermittlung
des Enteignungsobjekts keinen Anhaltspunkt gibt
für den Wert, welchen die wegfallende Servitut
für den Servitutberechtigten hat. Die andern
dinglich Berechtigten haben dagegen nur das Inter-
esse der Befriedigung ihrer Ansprüche aus der für
den Eigentümer ermittelten Entschädigungssumme;
ihrer Zuziehung zu dem Entschädigungsverfahren
bedarf es nicht. Bloß prekaristisch oder obligato-
risch Berechtigte, außer Mieter und Pächter, haben
keinen Ersatzanspruch; ihnen gegenüber wirkt die
Entschädigung als vis maior. Auf Grund des
Sachverständigengutachtens setzt die Verwaltungs-
behörde für jeden Eigentümer und dinglich Be-
rechtigten die ihm zustehende Entschädigung fest
und bestimmt in dem Festsetzungsbeschluß zugleich,
daß die Enteignung des Grundstücks nur nach
erfolgter Zahlung oder Hinterlegung der Ent-
schädigungssumme oder der Sicherheitsleistung
auszusprechen sei.
Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses
bzw. der Verwaltungsbehörde steht sowohl dem
Unternehmer als den übrigen Beteiligten in betreff
der Höhe der Schadenssumme der Rechtsweg offen,
bei dem der Richter auch noch die Frage zu prüfen
haben kann, ob der Enteignungsausspruch sich mit
dem Inhalt der Enteignungserlaubnis deckt, wäh-
rend das Befinden über die Notwendigkeit der
Enteignung an sich und über das Objekt dem
deutschen Richter entzogen ist. Die Beschreitung
des Rechtsweges hemmt die Ausführung des Unter-
nehmens nicht. Abweichend vom deutschen Ver-
fahren erfolgt in Frankreich die Abschätzung durch
eine Spezialjury, welche bei der Bemessung der
Entschädigung die Wertsteigerung zu berücksichtigen
hat, die das dem Enteigneten verbleibende Rest-
grundstück durch die Anlage erfährt. In England,
Nordamerika und Belgien bestimmen die Gerichte
den Wertersatz. — Neben dem Wertersatz ist der
Unternehmer außerdem noch zur Einrichtung und
Enteignung.
Unterhaltung derjenigen Anlagen an Wegen, Über-
fahrten, Triften, Einfriedigungen, Bewässerungs-
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und Vorflutsanstalten usw. verpflichtet, welche für
die benachbarten Grundstücke oder im öffentlichen
Interesse zur Sicherung gegen vor oder nach der
Enteignung eintretende Gefahren und Nachteile
notwendig werden, worüber die Verwaltungs-
behörde entscheidet. Selbst über Geldansprüche
gegen den Unternehmer behufs Ausführung der
festgestellten Anlagen ist der Rechtsweg ausgeschlos-
sen. Doch hat wegen solcher nachteiligen Folgen
der Enteignung, welche erst nach Feststellung der
Schadenssumme erkennbar werden, der Entschädi-
gungsberechtigte drei Jahre lang nach Ausführung
der ihn benachteiligenden Anlage den Rechtsweg
gegen den Unternehmer.
Ist die Frist zur Beschreitung des Rechtsweges
gegen die Schadensfeststellung ohne Betretung des-
selben verstrichen oder ist der Rechtsstreit durch
Verzicht oder Urteil erledigt, so wird auf Antrag
des Unternehmers die Enteignung des Grundstücks
oder Rechts durch die Verwaltungsbehörde be-
schlossen, den Nachweis vorausgesetzt, daß die ver-
einbarte oder endgültig festgestellte Entschädigungs-
oder Kautionssumme rechtsgültig gezahlt oder
hinterlegt ist. Die Enteignungserklärung schließt
die Einweisung in den Besitz in sich. Der Enteig-
nungsgegenstand wird Eigentum des Ubernehmers.
Die nicht gezahlte Entschädigungssumme ist von
nun ab vom Unternehmer mit 4% zu verzinsen,
sofern sie nicht infolge des Zutreffens eines der
gesetzlich zugelassenen Hinterlegungsgründe hinter-
legt ist. Bei unrechtmäßiger Hinterlegung hat der
Unternehmer die Mehrzinsen zu tragen. Das ent-
eignete Grundstück wird von allen darauf lasten-
den privatrechtlichen Verpflichtungen frei, und das
Eigentum geht in Preußen unmittelbar über. Die
Eintragung des Eigentumsübergangs in die öffent-
lichen (Grund-)Bücher erfolgt auf Antrag der
Verwaltungsbehörde (in Preußen Bezirksaus-
schuß) ohne Mitwirkung des Enteigneten. Über
die Entschädigungssumme der mit Hypothekar-
schulden belasteten Grundstücke kann der Eigen-
tümer nur mit Einwilligung des Realberechtigten
verfügen. Für Lasten, Abgaben, Eigenschaften
und Mängel hat der Enteignete Gewähr nicht zu
leisten. Ist eine Enteignung einem Nichteigentümer
gegenüber ausgesprochen, so hält sich der wahre
Eigentümer an den, welchem die Entschädigung
ausgezahlt worden ist. Bei Verschulden des Ent-
eigners kann allerdings auch gegen diesen ein An-
spruch auf Aufhebung oder Schadenersatz begrün-
det sein.
Wenn der Unternehmer von dem ihm verliehenen
Enteignungsrecht vor dem Enteignungsausspruch
oder vor der Feststellung der Entschädigung zurück-
tritt, so erlischt sein Enteignungsrecht, und der
Entschädigungsberechtigte hat gegen ihn eine Klage
auf Ersatz der Nachteile, welche ihm durch das
Entschädigungsverfahren erwachsen sind. Erfolgt
der Rücktritt nach Feststellung der Entschädigung,
so hat der Eigentümer die Wahl, ob er lediglich
Ersatz für die Nachteile oder Zahlung der fest-