Full text: Staatslexikon. Zweiter Band: Eltern bis Kant. (2)

5 Eltern, Elterngewalt. 6 
21. Lebensjahr. In Ostlerreich dürfen die Kinder 
ebenfalls nach vollendetem 14. Lebensjahr darüber 
frei entscheiden. 
Neben den landesgesetzlichen Beschränkungen 
bezüglich der religiösen Erziehung des Kindes be- 
steht der Schulzwang, der an und für sich nicht 
verwerflich ist, wenn er die elterliche Gewalt in 
der Erziehung der Kinder unterstützt und nicht 
hindert. Der Staat nach unserer heutigen Auf- 
fassung hat eben die Pflicht, ein gewisses Mindest- 
maß von Allgemeinbildung von seinen Angehörigen 
zu verlangen. In der Sorge um die Ausbildung 
des Kindes kann und darf der Vater Lehr= und 
Dienstverträge für das Kind abschließen, und zwar 
in dessen Namen. — Die Heirat einer minder- 
jährigen Tochter hebt die elterliche Gewalt über 
sie nicht auf. Die Gewalt erstreckt sich aber nur 
noch auf die Vertretung der Person, nicht mehr 
auf die Verwaltung und Nutznießung des Ver- 
mögens (88 1633, 1661). 
Die Kinder haben, solange sie dem elterlichen 
Hausstand angehören und von den Eltern erzogen 
und unterhalten werden, die Pflicht, den Eltern 
nach Kräften und Lebensstellung Dienste in der 
LHaushaltung und im Geschäft zu leisten (61617). 
aher dürfen die Kinder für solche Dienste keinen 
Anspruch auf Vermögensteile machen. Dies gilt 
auch für die Kinder, die bereits volljährig sind. 
Neben der Sorge um die Person des Kindes 
schließt die elterliche Gewalt auch in sich seine Ver- 
tretung in der Vermögensverwaltung. Der 
Vater hat demnach alle jene Handlungen vorzu- 
nehmen, die zu der unversehrten Erhaltung des 
Kindesvermögens notwendig sind, alle Schädi- 
gungen möglichst abzuwehren und den Bestand zu 
sichern. Er hat für die nutzbare Anlegung des 
Kapitals zu sorgen und haftet bei alledem für die 
Sorgfalt, die er in eigenen Angelegenheiten an- 
zuwenden pflegt. Im allgemeinen decken sich in 
der Vermögensverwaltung die Pflichten des Vaters 
mit denen des Vormunds, soweit nicht das Gesetz 
Ausnahmen zugunsten des Vaters macht. 
Besondere Vorschriften enthält das B.G.B. 
bezüglich der Anlegung von Geldern. In der 
Hauptsache ist verwiesen auf die Vorschriften der 
§8§ 1807 f, die gelten bei der Anlage von Mündel- 
geldern. Das Vormundschaftsgericht kann sogar 
den Verbrauch des Geldes dem Vater gestatten, 
wenn er davon den Nießbrauch hat. Der Vater 
muß in dem Fall nur bei Beendigung seiner Ver- 
waltung die Summe wieder herausbezahlen. Er- 
werbungen mit den Mitteln des Kindes geschehen 
nicht im Namen des Vaters, sondern in dem des 
Kindes (88 1642 ff). 
Die elterliche Gewalt gibt dem Vater ferner das 
Recht der Nutznießung an dem Vermögen des 
Kindes (8 1649). Verbrauchssachen, die zu dem 
seiner Nutznießung unterliegenden Vermögen ge- 
hören, darf der Vater für sich veräußern und ver- 
brauchen (§ 1653). Die Lasten dieses Vermögens 
hat er natürlich auch zu tragen ( 1654). Gehört 
  
zum Kindesvermögen ein Erwerbsgeschäft, so hat 
der Vater hiervon lediglich den jährlichen Rein- 
gewinn anzusprechen. Der etwaige Verlust eines 
Jahres ist durch den Reingewinn der folgenden 
zuerst auszugleichen (8 1655). 
Überläßt das Kind nach seiner Volljährigkeit 
die Vermögensverwaltung seinem Vater bzw. seiner 
Mutter, so dürfen diese die Einkünfte nach freiem 
Ermessen verwenden, soweit es die Verwaltungs- 
kosten zulassen und das Kind nicht anders verfügt. 
Hat ein volljähriges Kind von seinem Vermögen 
etwas den Eltern zur Bestreitung der Haushal- 
tungskosten beigesteuert, so wird im Zweifelsfall 
vorausgesetzt, daß das Kind nicht Ersatz verlangen 
wollte (88 1618 .. 
Der Nutznießung entzogen ist nach § 1651 und 
1638 einmal, was das Kind erwirbt durch seine 
Arbeit oder durch ein nach § 112 gestattetes selb- 
ständiges Erwerbsgeschäft; dann was dem Kind 
zufällt von Todes wegen oder durch Schenkung, 
sofern hier die Nutznießung des Vaters besonders 
ausgeschlossen ist. Dieses freie Vermögen unter- 
steht bei minderjährigen Kindern auch der Ver- 
waltung des Vaters. Die Nutznießung des Vaters 
am Kindesvermögen endigt mit der Verheiratung 
des minderjährigen Kindes, aber nur wenn die 
Ehe mit Einwilligung der Eltern geschlossen wurde. 
Die elterliche Gewalt unterliegt mancherlei Be- 
schränkungen, sowohl insofern sie sich auf die 
Person als auch auf das Vermögen des Kindes 
erstreckt. In Fällen, wo die elterliche Gewalt nicht 
stark genug ist, kann nach § 1631 das Vormund- 
schaftsgericht zur Unterstützung angerufen werden. 
Verringert oder ganz entzogen kann das Recht der 
Ausübung der elterlichen Gewalt werden, wenn 
Gefahr des Mißbrauchs zum Schaden des Kindes 
vorhanden ist. Solche Mißbräuche sind z. B. die 
sträfliche Vernachlässigung der Elternpflichten, die 
geschäftliche Ausbeutung des Kindes, unsittliches 
und verbrecherisches Verhalten des Vaters und der 
Mutter. In solchen Fällen kann das Vormund- 
schaftsgericht anordnen, daß das Kind zum Zweck 
der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in 
einer Erziehungs= oder Besserungsanstalt unter- 
gebracht werde (8 1666; vgl. d. Art. Fürsorge- 
und Zwangserziehung). Ist der Unterhalt des 
Kindes in Gefahr dadurch, daß der Vater in der 
Vermögensverwaltung seine Pflicht verletzt, so 
kann ihm auch die Vermögensverwaltung be- 
schränkt oder entzogen werden. Insbesondere kann 
das Vormundschaftsgericht genaue Verwaltungs- 
kontrolle einfordern (88 1667 f). 
Außer dieser Beschränkung und Entziehung der 
elterlichen Gewalt erlischt sie durch den Tod oder 
die Todeserklärung und durch Verwirkung. 
Diese letztere tritt ein, wenn der Vater wegen eines 
am Kind begangenen Vergehens oder Verbrechens 
zu einer Mindeststrafe von 6 Monaten Gefängnis 
oder Zuchthaus verurteilt wird, vom Tage der 
Rechtskraft des Urteils an (8 1680). Falls der 
Vater geschäftsunfähig oder in seiner Geschäfts- 
. 1*
	        
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