Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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urkunde vorzulegen. Die schriftliche Erteilung von 
Gnaden seitens der Kurialbehörden erfolgt entweder 
unmittelbar oder nur mittelbar, indem der betr. Bi- 
schof oder ein anderer kirchlicher Würdenträger er- 
mächtigt wird, den Tatbestand zu prüfen und dann 
nach freiem Ermessen im Namen der betr. Be- 
hörde die erbetene Gnade ganz oder teilweise zu 
verleihen. In der Regel ergehen jedoch die Gna- 
den unmittelbar (interposito nemine) und wer- 
den dann die betr. Reskripte entweder in forma 
gratiosa oder in forma commissoria aus- 
gestellt. Die Reskripte in forma gratiosa be- 
dürfen keiner Exekution. Eine Anerkennung (re- 
cognitio) seitens des Ordinarius ist erforderlich, 
wenn es sich um gratiae publicae, wie allge- 
meine Ablässe, öffentliche Verehrung von Reli- 
quien, handelt oder wenn bei privaten Privi- 
legien gewisse Voraussetzungen erfüllt sein müssen, 
wie z. B. die Ehrbarkeit der Umgebung eines 
Privatoratoriums. Die Restkripte in forma com- 
missoria fordern dagegen den Vollzug seitens 
des Bischofs. Dieser darf aber die Exekution nur 
dann verweigern, wenn das Gnadengesuch durch 
obreptitio (Angabe falscher Tatsachen) oder sub- 
reptitio (Unterdrückung wesentlicher, wahrer Tat- 
sachen) fehlerhaft ist, oder wenn der Bittsteller in 
dem Maße unwürdig erscheint, daß seine Aus- 
zeichnung bei andern Anstoß erregen würde. In 
diesen Fällen muß der Bischof sofort nach Rom 
Bericht erstatten. Im übrigen ist an sich jeder 
Gläubige zum Empfang von Gnaden sechtlich 
qualifiziert. Selbst die Exkommunizierten sind 
jetzt im allgemeinen nicht mehr davon ausgenom- 
men. Nur die vom Heiligen Stuhle namentlich 
Exkommunizierten oder namentlich a divinis 
Suspendierten sind unfähig, ein Gnadenreskript 
zu empfangen. Unberührt bleibt naturgemäß die 
Erfüllung der notwendigen Bedingungen zur Ge- 
winnung von Ablässen (Norm. pec. c. III, art. 1). 
Literatur. 1. Imallgemeinen u.zur Ge- 
schichte der Kurialbehörden überhaupt: 
Mesjer, Die heutige röm. K., ihre Behörden u. ihr 
Geschäftsgang, in Zeitschrift für Recht u. Politik 
der Kirche 1 (1847) 54 f; Bangen, Die röm. K. 
(1854); Des Congrégations romaines et de leur 
pratique, in Anal. iur. pontif. II (1857) 2230 ff; 
Bouix, Tractatus de Curia Romana (Par. 1859); 
Grimaldi, Les Congrégations romaines (Siena 
1890; auf dem Index); Lega, De origine et natura 
sacr. Rom. Congreg., in Analecta eccles. IV 
(1896) 45 ff; derf., Praelectiones de indicis 
ecclesiasticis Tom. II: De ordinatione Curiae 
Romanase (Rom 1898); Russo, La Curia Romana 
(ebd. 1904); Hilling, Die römische K. (1906). — 
Breßlau, Handbuch der Urkundenlehre 1 (1889); 
Sägmüller, Die Tätigkeit u. Stellung der Kardi- 
näle bis Papst Bonifaz VIII. (1896); Grisar, 
Gesch. Roms u. der Päpste 1 (1901); Keller, Die 
sieben röm. Pfalzrichter, in Stutz, Kirchenrechtliche 
Abhandlungen 1904, 12. Hft. — Die kirchenrecht- 
lichen Handbücher von Phillips VI 297 ff, Hin- 
schius 1 373 ff, Scherer 1 471 ff. 
2. Für dieeinzelnen Behörden kommen 
außer der in den zitierten Handbüchern aufgeführten 
Kurie. 
  
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älteren Lit. in Betracht: Parayre, La sainte Con- 
grégation du Concile (Par. 1897); Boudinhon in 
Le Canoniste contemporain XXII (1899) 526 f; 
Sägmüller, Die Gesch. der C. Conc. Trid. vor dem 
Motuproprio Alias nos 1564, im Archiv für kath. 
Kirchenrecht LXXX (1900) 1ff. — Mejer, Die Pro- 
paganda (1852 f); Baumgarten, Die hl. Kongrega- 
tion zur Verbreitung des Glaubens u. ihr Gebiet, in 
Katholik 1899 1 250 ff; Pieper, Gründung u. erste 
Errichtung der Propaganda-Kongregation, in Akten 
des 5. internation. Kongresses kath. Gelehrten zu 
München 1900, 319 ff. — Reusch, Der Index der 
verbotenen Bücher (1883 ff); Hollweck, Das kirchl. 
Bücherverbot (21897); Pennacchi, In constitutio- 
nem apost. „Officiorum ac munerum“ commen- 
tatio (Rom 1898); Peries, L'Index (1898); Arndt, 
Die Vorschriften über das Verbot u. die Zensur der 
Bücher (1900); Schneider, Die neuen Büchergesetze 
(1900); Boudinhon, La nouvelle lgislation de 
D’Index (1900); Hilgenreiner, Die kirchliche Vor- 
zensur u. das Partikularrecht (1901); Gennari, 
Della nuova disciplina sulla proibizione e sulla 
censura dei libri (1903); Sleutjes, De prohibi- 
tione et censura libr. juxta Leonis XIII Const. 
„Oftüciorum“ (1903); Hilgers, Der Index der ver- 
botenen Bücher (1904); ders., Das Bücherverbot 
in Papstbriefen (1907); Vermeersch, De prohib. 
et cens. libr. (Tournai 11906); Putnam, The 
Censorship of the Church of Rome (Neuyork u. 
Lond. 1907); Hurley, Comment. on the Present In- 
dex Legislat. (Dublin 1908).— Göller, Die päpstl. 
Pönitentiarie von ihrem Ursprung bis. Pius V. 
(1907ff). — Sägmüller, Die Entwicklung der Rota 
bis zur Bulle Johannes'XXII. „Ratio juris“ 1326, 
in Tüb. Theol. Quartalschr. LXXVII (1895) 97 ff 
Henner, Zur Gesch, der Rota Rom., im Archiv für 
kath. Kirchenrecht LXXIII (1895) 177ff; Tangl, 
Eine Rotaverhandlung vom Jahre 1323, in Mit- 
teilungen des Instituts für österr. Geschichtsfor- 
schung, VI. Erg.-Bd 320 ff; Hilling, Die Errich- 
tung des Notarekollegiums an der römischen Rota 
durch Sixtus IV. im Jahre 1477 (Festgabe für 
Finke [1904) 169 ff); ders., Die röm. Rota u. das 
Bistum Hildesheim (1908). — Erler, Der Liber 
Cancellariae Apostolicae vom Jahre 1380 (1880); 
v. Ottenthal, Die päpstlichen Kanzleiregeln von 
Johann XXlII. bis Nikolaus V. (1888); Tangl, 
Die päpstlichen Kanzleiregeln von 1200 bis 1500 
(1894); ders., Das Taxwesen der päpstl. Kanzlei 
vom 13. bis zur Mitte des 16. Jahrh., in Mit- 
teilungen des Instituts für österr. Geschichtsfor- 
schung XIII (1892) 1 ff; Kehr, Scrinium u. Pala- 
tium. Zur Gesch. des päpstlichen Kanzleiwesens im 
11. Jahrh., ebd., VI. Erg.-Bd 70 ff; Teige, Bei- 
träge zum päpstlichen Kanzleiwesen des 13. u. 
14. Jahrh., ebd. XVII (1896) 408 ff; Cipola, La 
Cancellaria e la diplomatica pontificia da S. Si- 
riaco a Celestino III (1901); Schmitz-Kallenberg, 
Practica Cancellariae Apostolicae saec. XV ex- 
euntis (1904); Hofmann, Zur Geschichte der päpst- 
lichen Kanzlei vornehmlich in der zweiten Hälfte des 
15. Jahrh. (1904); Göller, Zur Gesch der Apostol. 
Kanzlei auf dem Konstanzer Konzil, in Röm. 
Quartalschrift XX (1906) 205 ff; Baumgarten, Aus 
Kanzlei u. Kammer (1907); ders., Von der Apostol. 
Kanzlei (1908). — Gottlob, Aus der Camera 
Apostolica des 15. Jahrh. (1889); König, Die 
päpstliche Kammer unter Klemens V. u. Jo- 
hann XXII. (1894); Miltenberger, Versuch einer
	        
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