Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

304 A. Crecelius 
Es galt nun, mit tunlichster Beschleunigung das noch Fehlende nach— 
zuholen. Dies ist inzwischen geschehen und eine Organisation geschaffen, 
die den Behörden gegenüber die erforderliche Sicherheit für die ordnungs- 
mäßige Ausführung bietet und eine Heranziehung der einzelnen Handwerks- 
betriebe nach ihrer Leistungsfähigkeit ermöglicht. Es ist bei dem Handwerks- 
und Gewerbekammertag in Hannover eine „Hauptstelle für Derdin- 
gungswesen“ errichtet. Sie vermittelt die Ubernahme der Arbeiten, so- 
weit sie Reichsaufträge sind, d. b von Reichsbehörden ausgeben. Ferner 
liegt ihr ob die Aufstellung einheitlicher gesunder Grundsätze für die Durch- 
führung des öffentlichen und privaten Derdingungswesens, die Derwertung 
der gemachten Erfahrungen, die Ausarbeitung von Hreisverzeichnissen usw. 
Daneben ist für Hreußen die „Hauptstelle für gemeinsame Hhand- 
werkslieferungen, Gesellschaft mit beschränkter Haftung" mit 
einem Stammkapital von 500 000 M. für diejenigen Aufträge, die von Hreußi- 
schen Zebörden ausgehen, in Berlin errichtet. Doraussichtlich werden weitere 
derartige Gesellschaften auch in den andern Staaten errichtet werden, die infolge 
der eigenen Militärhoheit Heeresaufträge selbständig vergeben. Tur mit diesen 
Sentralstellen treten die den Auftrag vergebenden Behörden in Derbindung. 
Die Sentralstellen vergeben den Auftrag noch nicht an den örtlichen 
Lieferungsverband weiter, sondern bedienen sich dazu besonderer Der- 
mittlungsstellen und Bezirkslieferungsverbände. Die Schaf- 
fung solcher Swischenstellen war nötig, weil nur sie die Leistungsfähigkeit 
ihres Zezirks zu übersehen, mithin eine sachentsprechende Derteilung der 
Arbeiten vorzunehmen und Gewähr für gute und pünktliche Ausführung 
der Arbeiten zu übernehmen vermögen. Als solche Dermittlungsbezirke 
dienen die Bezirke der Handwerkskammern. Die Dermittlungsstellen haben 
in der Regel die Form der Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Das letzte 
und wichtigste Glied in der Organisation ist die örtliche Lieferungsgemein- 
schaft. Sie hat die übernommenen Arbeiten auf die einzelnen Mitglieder 
zu verteilen und die pünktliche und ordentliche Ausführung der Arbeiten 
zu überwachen. Als solche Lieferungsgemeinschaft ist die Lieferungs- 
genossenschaft gedacht, die die Handwerker desselben Gewerbezweigs 
aus demselben oder aus benachbarten Orten zusammenfaßt. Es hat sich 
zwar ein Sweifel darüber erhoben, ob die Genossenschaft und nicht vielmehr 
die Innung die geeignete Unternehmungsform sei. Den VDorzug verdient 
aber unbedingt die Genossenschaft. Die Lieferungsgemeinschaft soll ein 
geschäftliches Unternehmen sein, das nach kaufmännischen Grundsätzen 
geleitet werden muß. Die Innung hat andere Aufgaben, und es ist zu 
befürchten, daß sie durch ein Hineinzieben in eine rein geschäftliche Tätigkeit, 
namentlich in ein solche der hier in Rede stebenden Art, in der Erfüllung 
ihrer eigentlichen Aufgaben behindert wird. Mit Recht ist daher den Swangs- 
innungen gemeinsamer Geschäftsbetrieb sogar gesetzlich verboten. Muster- 
satzungen, Geschäftsanweisungen, Dertragsmuster usw. sind für die Lieferungs- 
genossenschaften hergestellt, so daß die für Errichtung solcher Genossenschaften 
erforderlichen Unterlagen leicht zu beschaffen sind. Insbesondere ist im 
Auftrage des Handwerks= und Gewerbekammertags Hannover von dem
	        
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