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und vom Joch der Araber befreiten Eingeborenen dem deutschen Schutze
dieser Art wieder abhold wurden.
Auch die an dieser Küste herrschende Geldmacht der für sehr wucherisch
geltenden indischen Kaufleute, ebensowohl wie die von alters her einfluß-
reichen Engländer trugen das ihrige dazu bei, einen allgemeinen Aufstand
gegen das deutsche Beamtentum zu erregen, einen Aufstand, der lediglich
politische und wirtschaftliche Ursachen hatte. Die Interessen unserer
seit vielen Jahren hier tätigen Missionen gerieten erst in zweiter Reihe
auf tragische Weise in Mitleidenschaft.
Die Seele dieses Aufstandes war der Halbblutaraber Buschiri ben
Salim, ein Sklavenjäger schlimmsten Rufes. Er eroberte Ende September
1888 alle festen Küstenplätze bis auf Bagamoyo und Daressalam, wo die
Bezirkschefs Freiherr v. Gravenreuth und Leue, unterstützt durch deutsche
Kriegsschiffe, ihm standhielten. Eine Reihe deutscher Beamter und Missio-
nare, auch nichtdeutsche, verloren hierbei ihr Leben.
Inzwischen hatte Deutschland sich ermannt. Die ablehnende Richtung,
welche alle Kolonialpolitik, alles Zusammengehen mit den europäischen
Mächten auf diesem Gebiete für eitel Schwärmerei erklärte, fand keinen Halt
mehr. Der Reichstag bewilligte am 2. Februar 1889 zwei Millionen Mark
für Ostafrika, und der später geadelte Hauptmann Hermann Wissmann,
welcher bereits in den Jahren 1884—87 als erster Deutscher ganz
Zentralafrika zweimal durchquert und, wie Bismarck sagte, „mit der
weißen Weste“ aus allen Fährnissen hervorgegangen war, wurde mit der
Aufgabe betraut, die deutsche Herrschaft in diesen Gebieten wiederherzu-
stellen.) Er bildete in Agypten eine Reichstruppe aus Sudanesen und
Zulus in Stärke von etwa 1000 Mann unter 20 deutschen Offizieren
nebst 200 Marinesoldaten und einer Garde von 40 Deutschen. Im Mai
1889 erstürmte er das feste Lager Buschiris bei Bagamoyo und verfolgte
ihn mit 1500 Soldaten und 300 Trägern nach der 400 km von der
Küste entfernten Station Mpuapua. Auch hier gelang es Buschiri zu
*) Nach Wissmanns eigener Aussage war geographisch und wirtschaftlich die
erste Reise zur Erforschung des Kassai (eines Nebenflusses des Kongo, der selbst
größer als die Donauy seine erfolgreichste. Der König von Belgien fürchtete offenbar,
daß deutsche Ansprüche entstehen könnten, darum ließ er von den Ergebnissen dieser
Expedition möglichst wenig aufkommen. Sie war ganz deutsch, ist deutsch beschrieben,
und alle Sammlungen sind der deutschen Wissenschaft zugute gekommen. Wissmann
übernahm diese wichtige Arbeit auf Veranlassung des hochherzigen damaligen Kron-
prinzen Friedrich.
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