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material davonführen wollten. Auf diesen schiffte sich nun die zusammen—
geschmolzene Schar ein und steuerte langsam unter stetem Kugelregen
den Peiho hinunter, immer in Gefahr, durch die Granaten in den Strom
versenkt zu werden. Am 21. gab es eine Schlacht, wobei Kapitän
Schlieper verwundet wurde. Am 24. landete die Schar angesichts des
starken Arsenals von Hsiku und nahm es mit stürmender Hand. Hier
ertönte zuerst der Ruf: „The Germans to the front“ der seitdem jedes
deutsche Herz höher schlagen läßt. Unser Korvettenkapitän Buchholz ließ
bei diesem Sturm sein Leben. Die Expedition zählte bereits 62 Tote,
231 Verwundete und mußte notgedrungen in dem eroberten Arsenal auf
Entsatz warten. Dieser traf am 25. ein; 1600 russische Kosaken, Deutsche
und Japaner hielten ihren Einzug von Tientsin her, wo man am 26.
wieder eintraf. Auch dieser Ort bot aber das Bild einer zerstörten Stadt
mit Trümmerhaufen und verkohlten Leichen. Und mit schweren Gefühlen
hörten unsere braven Jungens die Nachricht von dem Morde des Frei-
herrn von Ketteler in Peking. Alle Mühe, alle Opfer von Blut und
Schweiß während der vergangenen Wochen schienen umsonst gewesen
zu sein.
Unser oberster Kriegsherr hat dem Seymourzug seine volle Aner-
kennung gezollt. Er verlieh dem Kapitän zur See von Usedom den
Kronenorden II. Klasse mit Schwertern und sprach telegraphisch den
Seesoldaten, die auch zu Lande eine so schwere Probe bestanden hatten,
seine hohe Genugtuung aus. Trotz des unglücklichen Endes war die
Zerstörung der Feste Hsiku und ihrer reichen Vorräte an Waffen und
Munition ein großer Gewinn für die Europäer.
Tientsin und die Taku-Forts.
Der Peihofluß bei Tientsin bot ein Bild des Entsetzens. Hunderte
von Chinesenleichen trieben in dessen Fluten hinab. Meist waren es
solche von Christen, die der Wut der Boxer zum Opfer fielen. Auch
hatten chinesische Familienväter, am Entkommen der Ihrigen verzweifelnd,
diese mit eigener Hand ertränkt. Die Furcht vor den „weißen Teufeln“
war dabei nicht geringer als die vor den heimischen Feinden. Frauen
sprangen vor Angst in die Brunnen und mußten von unseren braven
Jungen mit Gefahr des eigenen Lebens herausgesischt werden. Es wird
aber lange währen, ehe der Chinese erkennen lernt, daß die westlichen