Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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stände, welche seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen, 
insbesondere über seine Beziehungen zu dem Beschuldigten oder dem Verletzten, 
vorzulegen. 
§. 68. 
Der Zeuge ist zu veranlassen, dasjenige, was ihm von dem Gegenstande 
seiner Vernehmung bekannt ist, im Zusammenhange anzugeben. Vor seiner 
Vernehmung ist dem Zeugen der Gegenstand der Untersuchung und die Person 
des Beschuldigten, sofern ein solcher vorhanden ist, zu bezeichnen. 
Zur Aufklärung und zur Vervollständigung der Aussage sowie zur Er= 
forschung des Grundes, auf welchem die Wissenschaft des Zeugen beruht sind 
nöthigenfalls weitere Fragen zu stellen. 
§. 69. 
Wird das Zeugniß oder die Eidesleisung. ohne gesetzlichen Grund ver= 
weigert, so ist der Zeuge in die durch die Weigerung verursachten Kosten 
sowie zu einer Geldstrafe bis zu dreihundert Mark und für den Fall, daß 
diese nicht beigetrieben werden kann, zur Strafe der Haft bis zu sechs Wochen 
zu verurtheilen. 
Auch kann zur Erzwingung des Zeugnisses die Haft angeordnet werden, 
jedoch nicht über die Zeit der Beendigung des Verfahrens in der Instanz, auch 
nicht über die Zeit von sechs Monaten, und bei Uebertretungen nicht über die 
Zeit von sechs Wochen hinaus. 
Die Befugniß zu diesen Maßregeln steht auch dem Untersuchungsrichter, dem 
Amtsrichter im Vorverfahren, sowie dem beauftragten und ersuchten Richter zu. 
Sind die Maßregeln erschöpft so können sie in demselben oder in einem 
anderen Verfahren , welches dieselbe That zum Gegenstande hat, nicht wieder= 
holt werden. 
Die Festsetzung und die Vollstreckung der Strafe gegen eine dem aktiven 
Heere oder der aktiven Marine angehörende Militärperson erfolgt auf Ersuchen 
durch das Militärgericht. 
§. 70. 
Jeder von dem Richter oder der Staatsanwaltschaft geladene Zeuge hat 
nach Maßgabe der Gebührenordnung Anspruch auf Entschädigung aus der 
Staatskasse für Zeitversäumniß und, wenn sein Erscheien eine Reise erforderlich 
macht, auf Erstattung der Kosten, welche durch die Reise und den Aufenthalt 
am Orte der Vernehmung verursacht werden. 
§. 71. 
Die Landesherren und die Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie 
die Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern sind in ihrer Wohnung zu 
vernehmen. 
Den Eid leisten dieselben mittels Unterschreibens der die Eidesnorm ent= 
haltenden Eidesformel.   
Zur Hauptverhandlung werden sie nicht geladen. Das Protokoll uͤber 
ihre gerichtliche Vernehmung ist in der Hauptverhandlung zu verlesen.
	        
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