Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 90. 
Bei Oeffnung der Leiche eines neugeborenen Kindes ist die Untersuchung 
insbesondere auch darauf zu richten, ob dasselbe nach oder während der Geburt 
gelebt habe, und ob es reif oder wenigstens fähig gewesen sei, das Leben außer 
halb des Mutterleibes fortzusetzen. 
§. 91. 
Liegt der Verdacht einer Vergiftung vor, so ist die Untersuchung der in 
der Leiche oder sonst gefundenen verdächtigen Stoffe durch einen Chemiker oder 
durch eine für solche Untersuchungen bestehende Fachbehörde vorzunehmen. 
Der Richter kann anordnen, daß diese Untersuchung unter Mitwirkung 
oder Leitung eines Arztes stattzufinden habe. 
§. 92. 
Bei Münzverbrechen und Münzvergehen sind die Münzen oder Papiere 
erforderlichenfalls derjenigen Behörde vorzulegen, von welcher echte Münzen 
oder Papiere dieser Art in Umlauf gesetzt werden. Das Gutachten dieser Be= 
hörde ist über die Unechtheit oder Verfälschung sowie darüber einzuholen, in 
welcher Art die Fälschung muthmaßlich begangen worden sei. 
Handelt es sich um ausländische Münzen oder Papiere, so kann an Stelle 
des Gutachtens der ausländischen Behörde dasjenige einer deutschen erfordert 
werden. 
  
 §. 93. 
Zur Ermittelung der Echtheit oder Unechtheit eines Schriftstücks, sowie zur 
Ermittelung des Urhebers desselben kann eine Schriftvergleichung unter Zu= 
ziehung von Sachverständigen vorgenommen werden. 
Achter Abschnitt. 
Beschlagnahme und Durchsuchung. 
§. 94. 
Gegenstände, welche als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung 
sein können oder der Einziehung unterliegen, sind in Verwahrung zu nehmen 
oder in anderer Weise sicher zu stellen. 
Befinden sich die Gegenstände in dem Gewahrsam einer Person und 
werden dieselben nicht freiwillig herausgegeben, so bedarf es der Beschlagnahme. 
§. 95. 
Wer einen Gegenstand der vorbezeichneten Art in seinem Gewahrsam hat, 
ist verpflichtet, denselben auf Erfordern vorzulegen und auszuliefern. 
Er kann im Falle der Weigerung durch die im §. 69 bestimmten Zwangs= 
mittel hierzu angehalten werden. Gegen Personen, welche zur Verweigerung 
des Zeugnisses berechtigt sind, finden diese Zwangsmittel keine Anwendung. 
Reichs- Gesetzbl. 1877. 37
	        
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