Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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herrühren oder für ihn bestimmnt sind und daß ihr Inhalt für die Untersuchung 
Bedeutung habe. 
§. 100 
Zu der Beschlagnahme (§. 99) ist nur der Richter, bei Gefahr im Verzug 
und, wenn die Untersuchung nicht blos eine Uebertretung betrifft, auch die 
Staatsanwaltschaft befugt. Die letztere muß jedoch den ihr ausgelieferten Gegen- 
stand sofort, und zwar Briefe und andere Postsendungen uneröffnet, dem Richter 
vorlegen. 
Die von der Staatsanwaltschaft verfügte Beschlagnahme tritt, auch wenn 
sie eine Auslieferung noch nicht zur Folge gehabt hat, außer Kraft, wenn sie 
nicht binnen drei Tagen von dem Richter bestätigt wird. 
Die Entscheidung über eine von der Staatsanwaltschaft verfügte Beschlag= 
nahme sowie über die Eröffnung eines ausgelieferten Briefes oder einer anderen 
Postsendung erfolgt durch den zuständigen Richter (§. 98). 
§. 101 
Von den getroffenen Maßregeln (§§. 99, 100) sind die Betheiligten zu benach= 
richtigen, sobald dies ohne Gefährdung des Untersuchungszweckes geschehen kann. 
Sendungen, deren Eröffnung nicht angeordnet worden, sind den Bethei= 
ligten sofort auszuantworten. Dasselbe gilt, soweit nach der Eröffnung die 
Zurückbehaltung nicht erforderlich ist. 
Derjenige Theil eines zurückbehaltenen Briefes, dessen Vorenthaltung nicht 
durch die Rücksicht auf die Untersuchung geboten erscheint, ist dem Empfangsberech= 
tigten abschriftlich mitzutheilen. . 
§.102. 
Bei demjenigen, welcher als Thäter oder Theilnehmer einer strafbaren 
Handlung oder als Begünstiger oder Hehler verdächtig ist, kann eine Durch= 
suchung der Wohnung und anderer Räume, sowie seiner Person und der ihm 
gehörigen Sachen, sowohl zum Zwecke seiner Ergreifung, als auch dann vor= 
genommen werden, wenn zu vermuthen ist, daß die Durchsuchung zur Auffin= 
dung von Beweismitteln fuhren werde. 
§. 103. 
Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur behufs der Ergreifung 
des Beschuldigten oder behufs der Verfolgung von Spuren einer strafbaren 
Handlung oder behufs der Beschlagnahme bestimmter Gegenstände und nur dann 
zulässig, wenn Thatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, daß die gesuchte 
Person, Spur oder Sache sich in den zu durchsuchenden Räumen befinde. 
Diese Beschränkung findet keine Anwendung auf die Räume, in welchen 
der Beschuldigte ergriffen worden ist, oder welche er während der Verfolgung 
betreten hat, oder in welchen eine unter Polizeiaufsicht stehende Person wohnt 
oder sich aufhält. 
§. 104. 
Zur Nachtzeit dürfen die Wohnung, die Geschäftsräume und das befriedete 
Besitzthum nur bei Verfolgung auf frischer That oder bei Gefahr im Verzug 
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