Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 356. 
Der Beginn der Frist zur Einlegung der Berufung wird dadurch nicht 
ausgeschlossen, daß gegen ein auf Ausbleiben des Angeklagten ergangenes Urtheil 
eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nachgesucht werden kann. 
Stellt der Angeklagte ein Gesuch um Wiedereinsetzung in den vorigen 
Stand, so wird die Berufung dadurch gewahrt, daß sie sofort für den Fall der 
Verwerfung jenes Gesuchs rechtzeitig eingelegt wird. Die weitere Verfügung 
in Bezug auf die Berufung bleibt dann bis zur Erledigung des Gesuchs um 
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgesetzt. 
Die Einlegung der Berufung ohne Verbindung mit dem Gesuch um 
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gilt als Verzicht auf die letztere. 
§. 357. 
Durch rechtzeitige Einlegung der Berufung wird die Rechtskraft des Ur= 
theils, soweit dasselbe angefochten ist, gehemmt. 
Dem Beschwerdeführer welchem das Urtheil mit den Gründen noch nicht 
zugestellt war, ist dasselbe nach Einlegung der Berufung sofort zuzustellen. 
§. 358. 
Die Berufung kann binnen einer weiteren Woche nach Ablauf der Frist 
zur Einlegung des Rechtsmittels oder, wenn zu dieser Zeit das Urtheil noch 
nicht zugestellt war, nach dessen Zustellung bei dem Gericht erster Instanz zu 
Protokoll des Gerichtsschreibers oder in einer Beschwerdeschrift gerechtfertigt 
werden. 
§. 359. 
Die Berufung kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. 
Ist dies nicht geschehen oder eine Rechtfertigung überhaupt nicht erfolgt, so gilt 
der ganze Inhalt des Urtheils als angefochten. 
§. 360. 
Ist die Berufung verspätet eingelegt, so hat das Gericht erster Instanz das 
Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen. 
Der Beschwerdeführer kann binnen einer Woche nach Zustellung des Be= 
schlusses auf die Entscheidung des Berufungsgerichts antragen. In diesem Falle 
sind die Akten an das Berufungsgericht einzusenden; die Vollstreckung des Ur= 
theils wird jedoch hierdurch nicht gehemmt. 
§. 361. 
Ist die Berufung rechtzeitig eingelegt, so hat nach Ablauf der Frist zur 
Rechtfertigung der Gerichtsschreiber ohne Rücksücht darauf, ob eine Rechtfertigung  
stattgefunden hat oder nicht, die Akten der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Diese 
stellt, wenn die Berufung von ihr eingelegt ist,  dem Angeklagten die Schrift= 
stücke über Einlegung und Rechtfertigung der Berufung zu. 
Reichs-Gesetzbl. 1877. 43
	        
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