Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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§. 375. 
Der Beurtheilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Ent= 
scheidungen, welche dem Urtheile vorausgegangen sind, sofern daselbe auf ihnen 
beruht. 
§. 376. 
Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das Urtheil auf einer 
Verletzung des Gesetzes beruhe. 
Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig an= 
gewendet worden ist. 
§. 377. 
 Ein Urtheil ist stets als auf einer Verletzung des Gesetzes beruhend an= 
zusehen: 
1. wenn das erkennende Gericht oder die Geschworenenbank nicht vor= 
schriftsmäßig besetzt war; 
2. wenn bei dem Urtheile ein Richter, Geschworener oder Schöffe mit= 
gewirkt hat, welcher von der Ausübung des Richteramts kraft des 
Gesetzes ausgeschlossen war; 
3. wenn bei dem Urtheile ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, nach= 
dem derselbe wegen Besorgniß der Befangenheit abgelehnt war, und 
das Ablehnungsgesuch entweder für begrundet erklärt war oder mit 
Unrecht verworfen worden ist; 
4. wenn das Gericht seine Zuständigkeit mit Unrecht angenommen hat; 
5. wenn die Hauptverhandlung in Abwesenheit der Staatsanwaltschaft 
oder einer Person, deren Anwesenheit das Gesetz vorschreibt, statt= 
gefunden hat; 
6. wenn das Urtheil auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen 
ist, bei welcher die Vorschriften über die Oeffentlichkeit des Verfahrens 
verletzt sind; 
7. wenn das Urtheil keine Entscheidungsgründe enthält; 
8. wenn die Vertheidigung in einem für die Entscheidung wesentlichen 
Punkte durch einen Beschluß des Gerichts unzulässig beschränkt 
worden ist. 
 
  
 §. .378. 
Die Verletzung von Rechtsnormen, welche lediglich zu Gunsten des An= 
geklagten gegeben sind, kann von der Staatsanwaltschaft nicht zu dem Zwecke 
geltend gemacht werden, um eine Aufhebung des Urtheils zum Nachtheile des 
Angeklagten herbeizuführen. 
§. 379. 
Wenn der Angeklagte von den Geschworenen für nichtschuldig erklärt 
worden ist, so steht der Staatsanwaltschaft die Revision nur in den Fällen zu, 
in welchen dieselbe durch die Bestimmungen des §. 377 Nr. 1, 2, 3, 5 oder 
durch die Stellung oder Nichtstellung von Fragen begründet wird.
	        
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