Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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Außerdem ist einem Geistlichen von dem Religionsbekenntnisse des Ver= 
urtheilten und dem Vertheidiger und nach dem Ermessen des die Vollstreckung 
leitenden Beamten auch anderen Personen der Zutritt zu gestatten. 
Ueber den Hergang ist ein Protokoll aufzunehmen, welches von dem Beamten 
der Staatsanwaltschaft und dem Gerichtsschreiber zu unterzeichnen ist. 
Der Leichnam des Hingerichteten ist den Angehörigen desselben auf ihr 
Verlangen zur einfachen, ohne Feierlichkeiten vorzunehmenen Beerdigung zu ver= 
abfolgen. 
§. 487. 
Die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe ist aufzuschieben, wenn der Ver= 
urtheilte in Geisteskrankheit verfällt. 
Dasselbe gilt bei anderen Krankheiten, wenn von der Vollstreckung eine 
nahe Lebensgefahr für den Verurtheilten zu besorgen steht. 
Die Strafvollstreckung kann auch dann aufgeschoben werden, wenn sich 
der Verurtheilte in einem körperlichen Zustande befindet, bei welchem eine so= 
fortige Vollstreckung mit der Einrichtung der Strafanstalt unverträglich ist. 
§. 488. 
Auf Antrag des Verurtheilten kann die Vollstreckung aufgeschoben werden, 
sofern durch die sofortige Vollstreckung dem Verurtheilten oder der Familie des= 
selben erhebliche, außerhalb des Strafzwecks liegende Nachtheile erwachsen. 
Der Strafaufschub darf den Zeitraum von vier Monaten nicht übersteigen. 
Die Bewilligung desselben kann an eine Sicherheitsleistung oder andere 
Bedingungen geknüpft werden. 
§. 489. 
Die Staatsanwaltschaft ist befugt, behufs Vollstreckung einer Freiheits= 
strafe einen Vorführungs- oder Haftbefehl zu erlassen, wenn der Verurtheilte 
auf die an ihn ergangene Ladung zum Antritt der Strafe sich nicht gestellt hat 
oder der Flucht verdächtig ist. 
Auch kann von der Staatsanwaltschaft zu demselben Zwecke ein Steckbrief 
erlassen werden, wenn der Verurtheilte flüchtig ist oder sich verborgen hält. 
Diese Befugnisse stehen im Falle des §. 483 Abs. 3 auch dem Amts= 
richter zu. 
§. 490. 
Wenn über die Auslegung eines Strafurtheils oder über die Berechnung 
der erkannten Strafe Zweifel entstehen, oder wenn Einwendungen gegen die 
Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des 
Gerichts herbeizuführen. 
Dasselbe gilt, wenn nach Maßgabe des §. 487 Einwendungen gegen die 
Ablehnung eines Antrags auf Aufschub der Strafvollstreckung erhoben werden. 
Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt, das Ge= 
richt kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung an= 
ordnen.
	        
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