Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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Die Beiordnung eines nicht ständigen Richters darf, wenn sie auf eine 
bestimmte Zeit erfolgte, vor Ablauf dieser Zeit, wenn sie auf unbestimmte Zeit 
erfolgte, so lange das Bedürfniß, durch welches sie veranlaßt wurde, fortdauert, 
nicht widerrufen werden. Ist mit der Vertretung eine Entschädigung verbunden, 
so ist diese für die ganze Dauer im voraus festzustellen. 
Unberührt bleiben diejenigen landesgesetzlichen Bestimmungen, nach welchen 
richterliche Geschäfte nur von ständig angestellten Richtern wahrgenommen 
werden können, sowie diejenigen, welche die Vertretung durch ständig angestellte 
Richter regeln. 
§. 70. 
Vor die Civilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, 
gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, welche nicht den Amtsgerichten zu- 
gewiesen sind. 
Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes 
ausschließlich zuständig: 
1. für die Ansprüche, welche auf Grund des Gesetzes vom I. Juni 
1870 über die Abgaben von der Flößerei oder auf Grund des Gesetzes 
über die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten vom 31. März 1873 
gegen den Reichsfiskus erhoben werden; 
2. für die Ansprüche gegen Reichsbeamte wegen Ueberschreitung ihrer 
amtlichen Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung von 
Amtshandlungen. 
Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, Ansprüche der Staatsbeamten 
gegen den Staat aus ihrem Dienstverhältnisse, Ansprüche gegen den Staat 
wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden, wegen Verschuldung von Staats- 
beamten und wegen Aufhebung von Privilegien, Ansprüche gegen Beamte wegen 
Ueberschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unter- 
lassung von Amtshandlungen, sowie Ansprüche in Betreff öffenticher Abgaben 
ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes den Landgerichten aus- 
schließlich zuzuweisen. 
 
§. 71. 
Die Civilkammern find die Berufungs- und Beschwerdegerichte in den vor 
den Amtsgerichten verhandelten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. 
§. 72. 
Die Strafkammern sind zuständig für diejenigen die Voruntersuchung und 
deren Ergebnisse betreffenden Entscheidungen, welche nach den Vorschriften der 
Strafprozeßordnung von dem Gerichte zu erlassen sind; sie entscheiden über 
Beschwerden gegen Verfügungen des Untersuchungsrichters und des Amtsrichters, 
sowie gegen Entscheidungen der Schöffengerichte. Die Bestimmungen über die 
Zuständigkeit des Reichsgerichts werden hierdurch nicht berührt. 
Die Strafkammern erledigen außerdem die in der Strafprozeßordnung den 
Landgerichten zugewiesenen Geschäfte.
	        
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