W 172 20
E— J lichtamtlicher Teil jl
AusdenAkchivendesbelgiichenKolonialministekiums.
Vierte Veröffentlichung.“)
Der Kiwusee- Grenʒstreit mit dem Kongostaat.
Mit acht Karten.
Unter den zahlreichen Grenzstreitigkeiten, die
die deutsche Diplomatie und Kolonialverwaltung
im Interesse der deutschen Schutzgebiete mit den
angrenzenden fremden Staaten seit 1885 hat
austragen müssen, hat keine bis zu ihrer Be-
endung so viel Zeit, Mühe und Geldopfer ge-
fordert wie die über den Grenzverlauf von Deutsch-
Ostafrika gegenüber dem Kongostaat im Norden
des Tanganjikasees bis zu den Virunga-Vulkanen.
Über keine dieser kolonialen Grenzdifferenzen sind
seinerzeit in Zeitungen und Zeitschriften so viele
und so abwegige Ansichten und Urteile zutage ge-
treten wie über diese Kiwusee-Grenzfrage. Das
ist auch nicht verwunderlich, weil in kolonialen
Kreisen die tatsächlichen Verhältnisse nicht bekannt
waren, Verhältnisse, die auch in den doch in
erster Linie in Betracht kommenden amtlichen
Kreisen erst nach langen Bemühungen und Nach-
forschungen völlig klargelegt werden konnten.
Um die Kiwu-Grenzfrage und ihren Ursprung
zu verstehen, ist es nötig, auf die Zeit der
Gründung des Kongostaates zurückzugehen.
Im Juni 1884 hatte König Leopold dem
Reichskanzler durch den deutschen Gesandten in
Brüssel, den Grafen Brandenburg, einen Entwurf
zu einem Vertrag zwischen der Assoeiation Inter-
nationale du Congo und dem Deutschen Reich
überreichen lassen. In diesem Entwurf hieß es
in bezug auf die territoriale Ausdehnung des
Gebietes der Association bzw. -de I’Etat qui sera
appelé à lui succéder: ganz allgemein: Par
des traités conclus avec les Souverains Iégi-
times dans les bassins du Bas-Congo jusdque
près de son embouchure, du Haut-Congo et
des tributaires de ce fleuve dans les territoires
adjacents, dans le bassin du Niadi-Kwillu et
les territoires voisins, I'Association Internation--
ale du Congo s'est assurée des concessions en
vue principalement de préparer dans I'Afrique
Equatoriale la création d’'un Etat indépendant
qui s'étendrait de I’Atlantique vers les pos-
sessions du Sultan de Zanzibar.# Wie bereits
an einer anderen Stelle dieser Artikelreihe (s. Das
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ Nr. 10 11, S. 135 ff.
Lado= und Bahr el Ghazal-Pachtgebiet des Kongo-
staates, Deutsches Kolonialblatt 1916, S. 136)
kurz erwähnt wurde, hatte Bismarck eine derartige
territoriale Ausdehnung des neuzugründenden
Staates quer durch ganz Aquatorialafrika als viel
zu weitgehend glatt abgelehnt.
Am 8. August 1884 Übersandte der König
seinem Berliner Vertrauensmann, dem Bankier
Gerson von Bleichröder, einen von einer Karte
begleiteten anderweitigen Vorschlag über die Grenz-
gestaltung des zukünftigen Staates und über die
von ihm zu üÜbernehmenden internationalen Ver-
pflichtungen mit der Bitte, dieses Projekt dem
Reichskanzler zu unterbreiten. Der König be-
merkte dazu:
Cher Baron
..JJous avons 6prouyé de grandes diffi-
cultés à rédiger le projet conformement aux
désirs du chancelier, et il nous a fallu attendre
le retour de Stanley pour indiquer la deélimi-
tation des territoires Quc nous nous engageons
en perptuité à maintenir libres et exempts de
toute douane, déès due IAllemagne nous F aura
reconnus, et qu'il nous a paru essentiel de dé.
finir pour donner toute sa valeur à notre en-
gagement.G In Wiederholung eines schon in
einem Schreiben vom 3. August ausgeführten Ge-
dankens: „Nous demandons due l’Allemagne
#sengage à permettre dans I’Empire la libre
Cmission des valeurs et lots mis en cireulation
soit par I'Association scit directement par I'Etat
Indép.= (zu dem Bismarck marginal bemerkt
hatte: „Nicht ohne Gesetz möglich und überhaupt
nicht tunlich, soweit nicht jedes fremde Papier
dasselbe hat“) fuhr er dann fort: En pro-
mettant, comme nous le faisons, l’exemption
de toutes douanes dans les territoires indiqués
nous aurons besoin non seulement de la do-
tation due je veux assigner sur ma fortune
privée au gouvernement du nouvel état mais
encore de toutes facilitécs pour les diverses
Cmissions de titres et de lots que nous devons