Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVII. Jahrgang, 1916. (27)

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E— J lichtamtlicher Teil jl 
AusdenAkchivendesbelgiichenKolonialministekiums. 
Vierte Veröffentlichung.“) 
Der Kiwusee- Grenʒstreit mit dem Kongostaat. 
Mit acht Karten. 
Unter den zahlreichen Grenzstreitigkeiten, die 
die deutsche Diplomatie und Kolonialverwaltung 
im Interesse der deutschen Schutzgebiete mit den 
angrenzenden fremden Staaten seit 1885 hat 
austragen müssen, hat keine bis zu ihrer Be- 
endung so viel Zeit, Mühe und Geldopfer ge- 
fordert wie die über den Grenzverlauf von Deutsch- 
Ostafrika gegenüber dem Kongostaat im Norden 
des Tanganjikasees bis zu den Virunga-Vulkanen. 
Über keine dieser kolonialen Grenzdifferenzen sind 
seinerzeit in Zeitungen und Zeitschriften so viele 
und so abwegige Ansichten und Urteile zutage ge- 
treten wie über diese Kiwusee-Grenzfrage. Das 
ist auch nicht verwunderlich, weil in kolonialen 
Kreisen die tatsächlichen Verhältnisse nicht bekannt 
waren, Verhältnisse, die auch in den doch in 
erster Linie in Betracht kommenden amtlichen 
Kreisen erst nach langen Bemühungen und Nach- 
forschungen völlig klargelegt werden konnten. 
Um die Kiwu-Grenzfrage und ihren Ursprung 
zu verstehen, ist es nötig, auf die Zeit der 
Gründung des Kongostaates zurückzugehen. 
Im Juni 1884 hatte König Leopold dem 
Reichskanzler durch den deutschen Gesandten in 
Brüssel, den Grafen Brandenburg, einen Entwurf 
zu einem Vertrag zwischen der Assoeiation Inter- 
nationale du Congo und dem Deutschen Reich 
überreichen lassen. In diesem Entwurf hieß es 
in bezug auf die territoriale Ausdehnung des 
Gebietes der Association bzw. -de I’Etat qui sera 
appelé à lui succéder: ganz allgemein: Par 
des traités conclus avec les Souverains Iégi- 
times dans les bassins du Bas-Congo jusdque 
près de son embouchure, du Haut-Congo et 
des tributaires de ce fleuve dans les territoires 
adjacents, dans le bassin du Niadi-Kwillu et 
les territoires voisins, I'Association Internation-- 
ale du Congo s'est assurée des concessions en 
vue principalement de préparer dans I'Afrique 
Equatoriale la création d’'un Etat indépendant 
qui s'étendrait de I’Atlantique vers les pos- 
sessions du Sultan de Zanzibar.# Wie bereits 
an einer anderen Stelle dieser Artikelreihe (s. Das 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ Nr. 10 11, S. 135 ff. 
  
Lado= und Bahr el Ghazal-Pachtgebiet des Kongo- 
staates, Deutsches Kolonialblatt 1916, S. 136) 
kurz erwähnt wurde, hatte Bismarck eine derartige 
territoriale Ausdehnung des neuzugründenden 
Staates quer durch ganz Aquatorialafrika als viel 
zu weitgehend glatt abgelehnt. 
Am 8. August 1884 Übersandte der König 
seinem Berliner Vertrauensmann, dem Bankier 
Gerson von Bleichröder, einen von einer Karte 
begleiteten anderweitigen Vorschlag über die Grenz- 
gestaltung des zukünftigen Staates und über die 
von ihm zu üÜbernehmenden internationalen Ver- 
pflichtungen mit der Bitte, dieses Projekt dem 
Reichskanzler zu unterbreiten. Der König be- 
merkte dazu: 
Cher Baron 
..JJous avons 6prouyé de grandes diffi- 
cultés à rédiger le projet conformement aux 
désirs du chancelier, et il nous a fallu attendre 
le retour de Stanley pour indiquer la deélimi- 
tation des territoires Quc nous nous engageons 
en perptuité à maintenir libres et exempts de 
toute douane, déès due IAllemagne nous F aura 
reconnus, et qu'il nous a paru essentiel de dé. 
finir pour donner toute sa valeur à notre en- 
gagement.G In Wiederholung eines schon in 
einem Schreiben vom 3. August ausgeführten Ge- 
dankens: „Nous demandons due l’Allemagne 
#sengage à permettre dans I’Empire la libre 
Cmission des valeurs et lots mis en cireulation 
soit par I'Association scit directement par I'Etat 
Indép.= (zu dem Bismarck marginal bemerkt 
hatte: „Nicht ohne Gesetz möglich und überhaupt 
nicht tunlich, soweit nicht jedes fremde Papier 
dasselbe hat“) fuhr er dann fort: En pro- 
mettant, comme nous le faisons, l’exemption 
de toutes douanes dans les territoires indiqués 
nous aurons besoin non seulement de la do- 
tation due je veux assigner sur ma fortune 
privée au gouvernement du nouvel état mais 
encore de toutes facilitécs pour les diverses 
Cmissions de titres et de lots que nous devons
	        
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