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in der tierhygienischen Abteilung des Kaiser-
Wilhelms-Institutes für Landwirtschaft in Brom-
berg für den Osten der Monarchie seit einigen
Jahren mit vollem Erfolg angewendet und zur
Grundlage der Entscheidungen über die Tötung
verdächtiger Tiere gemacht. Die neuerdings
hierfür maßgebenden Grundsätze sind im Erl.
vom 24. Jan. 1910 (Ml MsLL. 73) nieder-
gelegt. Die gegen den Rotz angewendeten
veterinärpolizeilichen Maßregeln (Viehseuchen-
gesetz vom 1. Mai 1894 — RGl. 409
§§ 40—44, 57; BR.-Instr. vom 30. Mai 1895—
RGBl. 357 — §§ 32—50) bestehen hauptsächlich
in der Absonderung und längeren Beobachtung
verdächtiger, auch der nur ansteckungsverdächtigen
Pferde, vor allem aber in der polizeilichen
Tötung kranker und verdächtiger Tiere gegen
eine aus öffentlichen Mitteln zu gewährende
Entschädigung (s. Entschädigung bei
Viehseuchen). Die zielbewußte Tötung
ganzer Pferdebestände, in denen Rotz festgestellt
war, hat trotz aller der Bekämpfung ungünstigen
Umstände doch gute und greifbare Erfolge ge-
zeitigt. Von 1876, dem Beginn einer energischen
Rotzbekämpfung, bis 1908 waren an Rotz ins-
gesamt 33 020 Pferde erkrankt und 37 390 Pferde
gefallen oder aus Anlaß des Rotzes getötet.
Während nun die Zahl der erkrankten Tiere in
der Periode von 1876—1885 zwischen 1000 und
3000 schwankte, ist sie seitdem erheblich unter
die frühere Mindestziffer heruntergegangen und
in dem letzten Jahrzehnt sogar unter 500 ge-
blieben. Von je 10 000 Pferden des Bestandes
der ganzen Monarchie waren erkrankt im Durch-
schnitt der Jahre 1876—1884 9,35 Stück, 1885
bis 1894 3,41 Stück, 1895—1908 1,35 Stück.
Es ist anzunehmen, daß die Tilgung bereits
vollständig oder doch nahezu erfolgt sein würde,
wenn die Seuche nicht fortgesetzt durch Ein-
schleppung aus dem Auslande neue Nahrung
erhielte. Der einzige Grenzschutz besteht in
einer Untersuchung der eingeführten Pferde,
die zu Fernhaltung des Rotzes nicht genügt (vgl.
z. B. Erl. vom 7. Febr. 1907 — MBlMf L. 40).
Es sind Versuche im Gang, die eine Ergänzung der
Untersuchung an der Grenze durch die vorerwähn-
ten Blutprüfungsmethoden zum Ziele haben.
Wegen seiner UÜbertragbarkeit auf Menschen ist
R. auch Gegenstand der Gesundheitsgesetzgebung
(vgl. G. vom 28. Aug. 1905, betr. die Bekämpfung
übertragbarer Krankheiten — s. d. II bis VII —
und Anweisung für die Bekämpfung der R. —
MMl. 1906, 77 Beil.).
Rübensäfte unterliegen nicht der Zucker-
steuer. Doch sind Rüben saftfabriken
einer allgemeinen steuerlichen Kontrolle unter-
worfen. S. Zuckersteuer III b und h.
Rübenstoffbrennereien sind gewerbliche Bren-
nereien (§ 13 des Branntweinsteuergesetzes vom
15. Juli 1909 — RGBl. 661), die Melasse (s. d.)
aller Art, Rüben und Rübensaft auf Branntwein
verarbeiten. Der von ihnen erzeugte Brannt-
wein unterliegt einer besonderen Branntwein-
betriebsauflage (s. d.) gemäß § 43 a. a. O.
Rückfallfieber gehört zu den übertragbaren
Krankheiten (s. d.) im Sinne des G. vom 28. Aug.
1905. Der Erreger ist zwar bekannt, doch ist die
Art der Ubertragung des R. noch nicht auf-
geklärt. Eine Sonderanweisung zur Bekämpsung
Rübensäfte — Rückwanderer
des R. ist deshalb bisher nicht ergangen. Ver-
mutlich wird die Übertragung durch Insekten
(Flöhe, Wanzen) vermittelt.
Rückkaufshändler sind Gewerbetreibende, die
bewegliche Sachen mit Gewährung des Rück-
kaufsrechtes ankaufen. Dabei gilt die Kahinn
des Kaufpreises als Darlehn. Der Unterschied
zwischen dem Kaufpreis und dem verabredeten
Rückkaufspreis gilt als bedungene Vergütung
für das Darlehn und die Übergabe der Sache
als ihre Verpfändung für das Darlehn (R#t.
4, 203). Die R. unterstehen den für die Pfand-
leiher (s. d.) geltenden Vorschriften.
Rückstände an Steuern s. Verjährun #
Rückwanderer. I. RK. aus Amerika. Mit
Rücksicht auf die strenge Handhabung der Ein-
wandererkontrolle in den Vereinigten Staaten
von Nordamerika und neuerdings auch in Eng-
land ist sämtlichen in Deutschland konzessio-
nierten Auswanderungsunternehmern durch die
Konzessionsurkunde die Bedingung auferlegt,
mittellose Auswanderer, welche von ihnen wegen
Abweisung vor der Landung im überseeischen
Hafen oder wegen nachträglicher Ausweisung
nach Deutschland zurückbefördert sind, kostenfrei
in ihren früheren Wohnort oder, wenn dieser
außerhalb des Deutschen Reiches liegt, bis an
die Üübertrittsgrenze zurückzubefördern. Durch
diese Bestimmungen wird die Rückwande-
rung indessen nur teilweise getroffen. Dank der
in Deutschland für die Auswanderer und Durch-
wanderer (s. d.) getroffenen Kontrollvorschriften,
ist die Zahl der in Amerika und England Zurück-
gewiesenen jetzt verhältnismäßig nur klein. Da-
gegen wächst von Jahr zu Jahr die Zahl der-
jenigen R., welche von vornherein nur auf einige
Jahre hinausgehen, um dann mit dem ersparten
Arbeitsverdienst in die Heimat zurückzukehren —
eine Art überseeischer Saisonarbeiter —, eben-
so sehr aber auch die Zahl derjenigen, die in Ame-
rika die erhoffte Verbesserung ihrer Lebenslage
nicht gefsunden haben und deshalb völlig mittellos
zurückwandern. Diese Kategorien von R. werden
durch die den Unternehmern in der Konzessions-
urkunde auferlegten Verpflichtungen nicht erfaßt.
Aus diesen Gründen erwächst aus der Rück-
wanderung eine ähnliche Gefahr in sanitärer und
wirtschaftlicher Hinsicht wie durch die Durch-
wanderung (s. d.). Da es sich bei den R. ganz
überwiegend um Ausländer handelt, welche aus
Rußland oder Osterreich-Ungarn stammen, so ist
durch Erl. vom 13. Febr. 1904 angeordnet, daß
der Durchtransport ausländischer R. durch das
preuß. Staatsgebiet nur dann zu gestatten ist,
wenn die Schiffsgesellschaften, welche die Rück-
beförderung übernommen haben, sich verpflichten,
diese Passagiere kostenfrei in der Richtung ihrer
früheren Heimat bis über die UÜbertrittsgrenze
zurückzubefördern, sowie dafür zu sorgen, daß
durch ihre Rückbeförderung, Unterbringung, Ver-
pflegung oder Beerdigung weder dem preuß.
Staate, noch einer preuß. Gemeinde oder einem
preuß. Armenverbande Kosten entstehen, sofern
dies aber dennoch geschehen sollte, die entstande-
nen Kosten zu ersetzen. Die in Deutschland kon-
zessionierten Schiffahrtslinien haben sämtlich diese
Verpflichtung übernommen.
II. Deutsche R. Im Oktober 1908 ist in
Berlin eine Zentralstelle für die Überwachung