Full text: Preußisches Staatsrecht. Dritter Band: Verwaltungsrecht, besonderer Teil. (3)

8161 Die Staatsverträge. 29 
abgeschlossen werden, wie der Entwurf aus der Beschlußfassung der 
Volksvertretung hervorgegangen ist. Das ergibt natürlich erhebliche 
politische Schwierigkeiten. Deshalb kommt tatsächlich die Befugnis 
der Volksvertretung zu Aenderungen nicht in Betracht. Tatsächlich 
handelt es sich nur um einfache Annahme oder Ablehnung. 
Da der politische Zweck der Mitwirkung der Volksvertretung 
beim Abschlusse von Staatsverträgen darin besteht, zu verhüten, 
daß ihre Mitwirkung bei der Gesetzgebung durch Regelung der 
betreffenden Gegenstände im Wege des Vertrags gegenstandslos 
gemacht wird, so wäre es wohl natürlich gewesen, diese Mitwirkung 
dann zu erfordern, wenn der Vertrag in das Gebiet der Gesetz- 
gebung fallende Gegenstände betrifft. Die preußische Verfassungs- 
urkunde schlägt aber einen anderen Weg ein. Sie verlangt die 
Zustimmung der Volksvertretung zu Handelsverträgen und solchen 
Verträgen, welche dem Staate Lasten oder einzelnen Staatsange- 
hörigen Verpflichtungen auferlegen. Sieht man von den jetzt zur 
Reichszuständigkeit gehörigen und deshalb hier nicht weiter zu 
erörternden Handelsverträgen ab, so läßt die Verfassungs- 
bestimmung an Unklarheit nichts zu wünschen übrig. 
Da bloße Schenkungsverträge unter Staaten wohl noch seltener 
vorkommen als unter Privatpersonen, so begründet, man kann 
sagen, jeder Vertrag Lasten für den Staat, der ihn eingeht. Faßt 
man das Wort „Lasten“ in diesem Sinne auf, versteht also unter 
den Lasten auflegenden Verträgen lästige Verträge in der ge- 
wöhnlichen juristischen Bedeutung, so gehört jeder Staatsvertrag 
hierher"), die in dem Relativsatze enthaltene Einschränkung wäre 
also überflüssig, noch überflüssiger die besondere Erwähnung der 
Handelsverträge. Verpflichtungen fernerhin können durch einen 
Staatsvertrag nur den Vertragschließenden, den Staaten, nicht 
dessen Angehörigen auferlegt werden. Staatsverträge, welche den 
Staatsangehörigen Verpflichtungen auferlegen, können gar nicht 
  
14) So v. Rönne a. a. O. Die gleiche Ansicht ist während der 
Konfliktszeit wiederholt von der Kommission des Abgeordnetenhauses mit 
Rücksicht auf die der Genehmigung des Landtages nicht unterbreitete 
preußisch-russische Kartellkonvention vom 8. August 1857 ausgesprochen 
worden. Vgl. Drucksachen des Abgeordnetenhauses 1863 Nr. 107, 166; 
1864 Nr. 113. Dagegen und in Uebereinstimmung mit den Ausführungen 
des Textes Gneist a. a. O
	        
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