Full text: Volksvergiftung 1914-1918.

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gründete später die Sozialdemokratie ihre öffentliche Umstellung, als 
sie unter Führung Erzbergers die Friedensoffensive unternahm, die 
das deutsche Volk nicht nur um die Erfolge des Krieges, sondern auch 
um die Möglichkeit eines erträglichen Friedens brachte. Diese sozial- 
demokratische „Taktik“ findet ihre prägnanteste Auslegung in einem 
Dokument der „Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft“1, der 
Vorläuferin der späteren Unabhängigen Sozialdemokratie. Es heißt 
dort: 
„Die Pflicht der Vaterlandsverteidigung ist eine staats- 
rechtliche Pflicht, die für den Einzelnen aus der Jugehörigkeit 
zu einem Staatswesen erwächst. Die Bewilligung von Kriegs- 
krediten ist ein politischer Akt 4 
Hier wird also ganz rundheraus zugegeben, daß die Bewilligung 
von Kriegskrediten nicht eine nationale Notwendigkeit ist, sondern 
eine Frage der politischen Parteitaktik. Damit fällt das letzte Argu- 
ment der Sozialdemokratie für ihre angebliche nationale Heldenrolle 
am 4. August 1914. 
Wenn es trotzdem noch eines Beweises bedarf, um zu zeigen, daß 
die „nationale"“ Einstellung der Sozialdemokratie lediglich aus Grün- 
den der „Rücksicht“ und „Taktik“ bestimmt war, und man wie immer 
hoffte, damit ein gutes Parteigeschäft zu machen, so genügen dafür 
die Ausführungen des Sozialdemokraten Cunow, der ganz unver- 
blümt schriebs: 
„Der sozialdemokratischen Arbeiterpartei erwächst . die 
Aufgabe, die schädlichen Folgen des Imperialismus möglichst 
abzuwehren, hingegen jene wirtschaftlichen Neugestaltungen, 
aus denen sich etwas für die Arbeiter herausholen läßt, rück- 
sichtslos im Interesse der Arbeiterschaft auszunutzen, ihre Or- 
ganisation auszubauen und, wenn es sein muß, den neuen 
Zwecken entsprechend umzubilden, kurz, die Arbeiterschaft mög- 
lichst wohlbehalten, körperlich wie geistig, durch die neue Ent- 
wicklungsperiode zu bringen.“ 
1 „Die Bildung der Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft“, S. 4. 
2 Cunow, „Parteizusammenbruch“, S. 15.
	        
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