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pflanzung des Herrschergeschlechts ist menschliche That unentbehrlich,
und was nicht auf dem Gesetze oder einer andern, von Menschen
ausgehenden Rechtsquelle beruht, das ist eben nicht (positives) Recht.
In der Wahlmonarchie, wo das Recht jedes einzelnen Herrschers
außer einem allgemeinen Rechtssatz noch einen besondern, auf die
Uebertragung der Herrschaft an seine Person gerichteten Akt vor-
aussetzt, wird freilich noch weniger die Vorstellung der unmittel-
baren Thätigkeit Gottes Platz greifen; und in der Republik, woa
die einzelnen Mitglieder der herrschenden Corporation zugleich Un-
terthanen sind, werden sie schon durch dieses Verhältniß davor be-
wahrt, ihrer Herrschaft einen übermenschlichen Ursprung, der noth-
wendigerweise auch für den Inhalt der Herrschaft maßgebend sein
würde, anzudichten. Die Theorie vom göttlichen Recht der Staats-
gewalt paßt nur in die Theokratie, und selbst die Theokratie kann
sich rechtmäßiger Weise in eine andere Staatsform umgestalten, so-
bald der ihr zu Grunde liegende Irrthum von den rechtsbildenden
Faktoren erkannt ist.
Nicht aus einer besondern rechtlichen Qnalität der (fürstlichen.)
Herrscherbefugniß, sondern aus der allgemeinen Natur der Rechte
will ein neuerer Rechtslehrer folgern, daß der Staat niemals „die
landesherrlichen Rechte“ aufheben könne: „Rechtlich“, behauptet er,
„steht dem Staat bloß für die Zukunft seine Rechtsordnung neu
zu gestalten, nicht aber sich einer nach seinem bisherigen Rechte von
ihm schon übernommenen Schutzpflicht gesetzgeberisch zu entledigen
frei“"o). Als Grund für diese Beschränkung wird angegeben, daß
Rechtsschutz des Staates Wesen sei, der Staat also seinem Wesen
nach nicht befugt sein könne, wohlerworbene Rechte zu beseitigen“).
Bei Prüfung dieser Ansicht müssen wir uns vor Allem erinnern,
daß das Gesetz nicht die einzige Rechtsquelle ist; wenn also durch
eine andere Rechtsquelle ein wohlerworbenes Recht ausfgehoben
ist, so hat der Staat selbst nach dem von Mejer aufgestellten
Princip diese Aufhebung zu respektiren; die Annahme, daß es ju-
ristisch kein anderes Mittel zur Aufhebung der Herrscherberechtigung
geben könne, als Tod oder Verzicht "2), fällt schon durch diesen Ein-
wand hinweg. In Betreff der Hauptfrage aber scheint es klar, daß
40) Mejer, S. 235.
41) Derselbe, S. 221.
42) Derselbe, S 234.
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