Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Aufnahme und Einbürgerung durch Anstellung usw. 8 14. 87 
Nach einer Verfügung des preuß. Ministers der geistlichen Angelegen- 
heiten vom 9. März 1880 (ZBlUnterr V. S. 262) wird bei Berufung von 
Lehrerinnen in die Anstellungsurkunde eine Klausel aufgenommen, durch welche 
die Anstellung nur so lange als zu Recht bestehend bezeichnet wird, als die 
Berufenen unverheiratet bleiben. Diese Klausel hindert jedoch nicht, daß die 
Betreffende, falls sie Ausländerin ist oder einem anderen Bundesstaate als dem 
anstellenden angehört, sofort mit der Aushändigung der Anstellungsurkunde 
eingebürgert oder in den anderen Bundesstaat ausgenommen wird. Allerdings 
geht die Betreffende der durch die Anstellung erworbenen Staatsangehörigkeit 
durch die Verehelichung verlustig (§ 17 Ziff. 6), wenn der Ehemann eine andere 
Staatsangehörigkeit besitzt (ebenso: Seydel-Piloty a. a. O. S. 158 8 87 
Anm. 102). Keinesfalls aber kann dem Umstande, daß die von der höheren 
Verwaltungsbehörde vollzogene oder bestätigte Bestallung nur auf eine ge- 
wisse Zeitdauer oder mit dem Vorbehalte des Widerrufs erteilt 
ist, für den Erwerb der Staatsangehörigkeit irgendwelche Bedeutung bei- 
gemessen werden. In Bayern endigt die Beamteneigenschaft einer Frau durch 
die Verheiratung nicht von selbst; die Ernennung der Beamtin kann nur in 
diesem Falle widerrufen werden. Bleibt sie nach ihrer Verheiratung im Staats- 
dienst, so wird sie neben der etwa durch die Verehelichung erworbenen auch 
die durch Anstellung erlangte Staatsangehörigkeit behalten (bayer. Beamten- 
gesetz vom 16. Aug. 1908, GVBl. S. 581, Art. 206 Ziff. 1 u. 8 Abs. 2; vgl. 
Seydel-Piloty I S. 682 § 127 Anm. 15). 
In einem Spezialfalle ist die von der Landdrostei (Regierungspräsidium) 
zu Hildesheim unterm 17. Juni 1876 bestätigte Anstellungsurkunde eines Lehrers 
an der jüdischen öffentlichen Elementarschule zu Bodenfelde (Prov. Hannover), 
obwohl die Anstellung nur auf die Dauer von drei Jahren unter 
dem Vorbehalte sechsmonatlicher Kündigungsfrist lautete, von den 
preuß. Minist. des Innern und der auswärtigen Angelegenheiten als eine den 
Bestimmungen des damaligen §9, jetzigen § 14 d. G. entsprechende Anstellungs- 
urkunde anerkannt worden. Die Anstellungsurkunde vertrat in diesem speziellen 
Falle die Stelle einer Naturalisationsurkunde, da der Betreffende vordem 
russischer Untertan war. 
12. anerkannte Religionsgesellschaft. 
Sobald bei Besetzung von geistlichen Amtern eine Mitwirkung des 
Staates stattfindet, ist der mit einem solchen Amt Betraute, gleichviel ob 
er einer der Landeskirchen oder einer staatlich anerkannten Religions- 
gesellschaft angehört, mittelbarer Staatsdiener und es findet auf den- 
selben der § 14 d. G. Anwendung. 
Von Preußen anerkannte Religionsgesellschaften sind nach von 
Bitter (Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung Bd. 1 S. 68): die evan- 
gelische und die katholische Kirche, ferner die Herrnhuter, die böhmischen Brüder- 
gemeinden, die Reformierten niederländischer Konfession, die Altlutheraner und 
die niedersächsischen Konföderierten, endlich die Mennoniten, Quäker, Baptisten, 
unierten Griechen, Anglikaner und die Juden. In sämtlichen Bundesstaaten sind 
die Landeskirchen und die Juden anerkannte Religionsgesellschaften, in Württem- 
§ 14.
	        
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