Anhang. Anlage Nr. 8. 231
tages von 1870, Bd. III S. 96 ff.). Ist nun auch im § 8 sub 1 des Ge-
setzes, betreffend die Stellung unter Polizeiaufsicht, vom 12. Februar
1850, welches das Institut dieser Aufsicht zuerst über den Geltungs-
bereich des Code pénal auf den ganzen Staat ausdehnte, zum Zweck
dieser Aussicht der Landespolizeibehörde (in den früheren Entwürfen
zum Strafgesetzbuch war lediglich von der „Polizeibehörde“ die Rede)
die Befugnis gegeben worden, dem Verurteilten den Aufenthalt an
bestimmten Orten zu untersagen, so kreuzt sich zwar die Handhabung
dieser Befugnis mit der aus § 2 Nr. 1 des Gesetzes vom 31. Dezember
1842, beide Rechtsnormen beruhen aber, wie dargetan, weder auf völlig
gleichem Rechtsboden, noch decken sie sich vollständig in ihren Zielen.
Hieraus und nicht nur aus einer verschiedenen Beurteilung ein und der-
selben Materie ergibt sich auch die Verschiedenheit ihres Inhalts, so
z. B., daß das Gesetz vom 31. Dezember 1842 nach § 14 den Aufenthalt
Fremder und Reisender nicht regelt, eine Einschränkung, die dem Straf-
gesetz fremd sein muß, ferner daß letzteres, worauf namentlich bei der
Fassung des § 39 des Reichsstrafgesetzbuches Bedacht genommen ist, die
Aufenthaltsbeschränkung auch auf bestimmte Teile eines Gemeinde-
bezirks vorsieht, während dies wiederum notwendig dem Gesetze vom
31. Dezember 1842 fernliegt.
Nach alledem erscheint die Annahme nicht statthaft, daß der § 8
des Gesetzes vom 12. Februar 1850 die in Rede stehende frühere Be-
stimmung außer Wirksamkeit gesetzt habe. Es hätte dazu im Rahmen
dieses Gesetzes einer ausdrücklichen Vorschrift bedurft. Diese fehlt nicht
nur im Gesetz selbst, sondern es ist auch in den Motiven der Regierungs-
vorlage zu demselben und in den sämtlichen Verhandlungen der gesetz-
gebenden Körperschaften über den Entwurf, des § 2 Nr. 2 des Gesetzes
vom 31. Dezember 1842 überhaupt nicht gedacht worden. Man ging,
wie namentlich die Erörterungen über die dem Gesetze teilweise bei-
zulegende rückwirkende Kraft (die Bestimmung ist in den § 13 des Ge-
setzes zum Schutze der persönlichen Freiheit vom 12. Februar 1850
hinübergenommen) ergeben, davon aus, daß man, abgesehen von dem
durch das Gesetz nicht berührten Gebiete des rheinischen Rechts, eine
völlig neue Rechtsmaterie ordne, und es erklärt sich hieraus, daß in dem
Gesetz selbst die sonst übliche allgemeine Vorschrift wegen Aufhebung
der entgegenstehenden älteren Gesetze fehlt.
Dafür, daß das darauf folgende preußische Strafgesetzbuch und das
spätere Reichsstrafgesetzbuch in der hier fraglichen Beziehung über das
Gesetz vom 12. Februar 1850 hinausgegangen wären, mangelt es an
jedem Anhalt. — Anlangend insbesondere das Reichsstrafgesetzbuch, so
ist dessen Bestimmungen über die Stellung unter Polizeiaufsicht auch
in der Gesetzgebung und Verwaltung der anderen deutschen Staaten,