Anhang. Anlage Nr. 12. 245
Suspensivbedingung, wie § 10 a. a. O. außer Zweifel stellt, noch unter
Resolutivbedingungen. Um letztere einzuführen und um Unzuträglich-
keiten auszuschließen, wie sie sich allerdings aus der strikten Regel des
§ 10 ergeben können, hätte es einer dem Abs. 2 des § 18 dieses Gesetzes
analogen Zusatzbestimmung zu dem § 10 bedurft. Offenbar hat man
von einer solchen um so mehr absehen zu können geglaubt, als regel-
mäßig die Vorsicht der Behörden genügen wird, um Vorkommnisse der
hier fraglichen Art zu vermeiden. Es genügt dazu, daß die Zusage der
Naturalisierung erst durch Aushändigung der Urkunde nach erfolgter
Niederlassung erfüllt wird. — Dazu kommt, daß der Gesetzgeber ersicht-
lich für die Naturalisierung kein entscheidendes Gewicht auf die Dauer
der Niederlassung gelegt hat und namentlich im Verhältnis zu den Bundes-
staaten auch nicht legen konnte, ohne damit in das Prinzip der Freizügig-
keit einzugreifen. Der Gesetzgeber hat es vorgezogen, in dieser Beziehung
die Wahrung der beteiligten öffentlichen Interessen lediglich der sach-
gemäßen Handhabung des Gesetzes durch die Behörden, für die ja kein
Zwang zur Naturalisation besteht, anzuvertrauen.
Wird hiernach die rechtliche Wirkung der im vorliegenden Falle
unstreitig von einer zuständigen Stelle durch Aushändigung der Naturali-
sationsurkunde vollzogenen Naturalisation weder durch die Tatsache be-
seitigt, daß der Kläger sich nicht bereits vorher in Gotha niedergelassen
hatte, noch auch durch die, daß die Niederlassung auch nicht später erfolgte,
so konnte ferner aber auch nicht die an sich gewiß wünschenswerte Remedur
durch eine nachfolgende Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse, unter
denen die Naturalisation vollzogen ist, und durch eine darauf gestützte
Wiederaufhebung der letzteren seitens der vorgesetzten Dienstbehörde
geschaffen werden.
Das herzogliche Ministerium hält sich dazu für befugt, da nach der
dortigen Organisation der Landesbehörden in Gemäßheit des Gesetzes
über die Organisation der Verwaltungsbehörden vom 11. Juli 1858
88 31, 32, 34 und des Gemeindegesetzes § 220 die oberste Landesbehörde
als vorgesetzte Instanz berufen sei, Akte der ihr unterstellten Behörden
aufzuheben oder abzuändern. So unzweifelhaft diese Befugnis im Be-
reich der dortigen Landesgesetze begründet ist, so steht ihr doch in diesem
Falle die höhere Norm des Reichsgesetzes über den Erwerb und Verlust
der Reichs= und Staatsangehörigkeit entgegen, welches im § 10 bestimmt:
„Die Naturalisationsurkunde bezw. Aufnahmeurkunde begründet mit dem
Zeitpunkt der Aushändigung alle mit der Staatsangehörigkeit verbun-
denen Rechte und Pflichten.“ Der Zweck der so gefaßten Vorschrift ist
zwar in den Motiven der ursprünglichen Vorlage der verbündeten Regie-
rungen nicht ausdrücklich ausgesprochen. Es ergibt sich aber aus der
Natur des Rechtsverhältnisses, aus den Verhandlungen des Norddeutschen