Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zweiter Jahrgang. 1874. (2)

§. 61. 
Verfahren bei Ablieferungs-Hindernissen. 
Güter, deren Ab- oder Annahme verweigert oder nicht rechtzeitig bewirkt wird, und Güter, deren 
Abgabe nicht thunlich geworden, sowie solche, welche unter der Adresse „Bahnhof restante“ länger als die 
durch die besonderen Vorschriften nachgelassene Frist nach der Ankunft ohne geschehene Meldung des Empfängers 
daselbst gelagert haben, lagern auf Gefahr und Kosten der Versender, welche mit thunlichster Beschleunigung 
hiervon zu benachrichtigen sind. Auch hat die Elsenbahn das Recht, solche Güter unter Nachnahme ihrer darauf 
haftenden Kosten und Auslagen in ein öffentliches Lagerhaus oder einem ihr als bewährt bekannten Spediteur 
für Rechnung und Gefahr dessen, den es angeht, auf Lager zu übergeben und sie da zur Disposition des 
Versenders unter sofortiger Benachrichtigung desselben zu stellen. 
Die Eisenbahn ist berechtigt, Güter, deren Bestimmungsort nicht an der Eisenbahn gelegen ist, mittelst 
eines Spediteurs oder einer anderen Gelegenheit nach dem Bestimmungsorte auf Gefahr und Kosten des Ver- 
senders weiterbefördern zu lassen, wenn nicht wegen sofortiger Weiterbeförderung der Güter vom Absender oder 
Empfänger Verfügung getroffen ist. Dasselbei gilt von Gütern, deren Bestimmungsort elne nicht für den 
Güterverkehr eingerichtete Eisenbahnstation ist. 
Die vorstehende Bestimmung findet keine Anwendung, soweit die Verwaltung Rollfuhr-Unternehmer zur 
Beförderung der Güter nach seitwärts Sbelegenen Orten bestellt hat (cfr. §. 59). 
Der Versender erklärt sich durch die Aufgabe des Gutes auch damit einverstanden, daß die Eisenbahn 
Güter, deren An- und Abnahme verweigert oder nicht rechtzeitig bewirkt wird, oder deren Abgabe nicht thunlich 
ist, wenn sie dem schnellen Verderben ausgesetzt sind, oder endlich solche Güter, deren angebotene Zurücknahme 
durch den Versender bei verweigerter Abnahme seitens des Adressaten, oder im Falle, daß der Adressat nicht 
zu ermitteln ist, unterbleibt, ohne weitere Förmlichkeit bestmöglich und zwar Güter, die dem schnellen Verderben 
ausgesetzt sind, ohne Verzug, alle anderen aber frühestens 4 Wochen nach Ablauf der lagerzinsfreien Zeit verkauft. 
Das Glelche gilt für den Fall, daß der Versender nicht zu ermitteln ist. 
Herrenlose Güter, welche sich im örtlichen Bezirk der Eisenbahn vorfinden, unterliegen den Bestim- 
mungen des §. 33. 
  
§. 62. 
Haftpflicht im Allgemeinen. 
Wenn eine Eisenbahn das Gut mit einem Frachtbriefe übernimmt, nach welchem der Transport durch 
mehrere, sich an einander anschließende Eisenbahnen zu bewirken ist, so haften als Frachtführer für den ganzen 
Transport nicht sämmtliche Eisenbahnen, welche das Gut mit dem Frachtbriefe übernommen haben, sondern 
nur die erste und diejenige Bahn, welche das Gut mit dem Frachtbriefe zuletzt übernommen hat; eine der 
übrigen in der Mitte liegenden Eisenbahnen kann nur dann als Frachtführer in Anspruch genommen werden, 
wenn ihr nachgewiesen wird, daß der Schaden, dessen Ersatz gefordert wird, auf ihrer Bahn sich, ereignet hat. 
Der den Eisenbahnen unter einander zustehende Rückgriff wird dadurch nicht berührt. 
  
§. 63. 
Haftpflicht der Eisenbahn für ihre Leute. 
Die Eisenbahn haftet für ihre Leute und für andere Personen, deren sie sich bei Ausführung des von 
ihr übernommenen Transportes bedient. 
§. 64. 
Umfang und Zeitdauer der Haftpflicht. 
Die Eisenbahn haftet, abgesehen von den besonderen Bestimmungen im §. 67, für den Schaden, welcher 
durch Verlust oder Beschädigung des Gutes seit dem Abschluß des Frachtvertrages (§. 49) bis zur Ablieferung 
entstanden ist, sofern sie nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch höhere Gewalt (vis major) 
oder durch die natürliche Beschaffenheit des Gutes, namentlich durch inneren Verderb, Schwinden, gewöhnliche 
Leckage und dergleichen, oder durch äußerlich nicht erkennbare Mängel der Verpackung entstanden ist. 
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