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Wie nach §. 6 des Freizügigkeitsgesetzes vom 1. November 1867 die Ausweisung eines Hülfs-
bedürftigen nur auf Grund einer Annahme-Erklärung des fürsorgepflichtigen Armenverbandes oder
einer gegen denselben ergangenen vollstreckbaren Entscheidung in's Werk gesetzt werden darf, so
erfordert auch das in §. 50 des Reichsgesetzes normirte Verfahren zur Verhütung der Ausweisung
vermöge des engen Zusammenhanges, in welchem §. 56 mit den Bestimmungen über die Exekution
steht, daß entweder ein den fürsorgepflichtigen Armenverband zur Uebernahme des Hülfsbedürftigen
nach §. 31 des Reichsgesetzes verurtheilendes vollstreckbares Erkenntniß, oder ein die Verurtheilung
ersetzendes unbedingtes Anerkenntniß der Uebernahmepflicht seitens des fürsorgepflichtigen Armen-
verbandes vorliegt. Nun hat zwar am 21. Februar 1874 Verklagter aus eigenem Antriebe die
Ueberführung des ect. B. nach Niederkrossen beantragt, jedoch mit dem Hinzufügen, daß dies nur
geschehe, weil derselbe von seinem in Apolda lebenden Sohne genügenden Unterhalt empfange
und gleichwohl Unterstützung beanspruche. Auch hat sich die Sachlage inzwischen wesentlich ver-
ändert, indem am 17. März 1874, der Erwartung des Verklagten entsprechend, B. jun. seinen
Vater ohne öffentliche Unterstützung behalten und ernähren zu wollen erklärt und seitdem die
frühere Unterstützung aufgehört hat. Wenn B. sen. jetzt von neuem hülfsbedürftig geworden ist,
so bedarf es einer neuen Anerkennung der Uebernahmepflicht durch den Verklagten — schon mit
Rücksicht darauf, daß inzwischen eine Veränderung in dem Unterstützungsbedürfniß, selbst ein
Wechsel des Unterstützungswohnsitzes eingetreten sein könnte — und zwar einer unumwundenen
Anerkennung eventuell einer vollstreckbaren Verurtheilung des Verklagten zur Uebernahme, bevor
eine Anordnung im Sinne des 1. 56 leg. cit. ergehen kann. Hierzu kommt, daß zur Zeit der
Stellung des Klageantrages B. keine Unterstützung empfing, vielmehr nur eine solche bis dahin
ohne Erfolg nachgesucht hatte.
6. K o n s u l a t - W e s e n .
Dem Kaiserlichen Konsul Weber zu Apia ist auf Grund des Reichsgesetzes vom 4. Mai 1870 für
seinen aus den Schiffer= und Tonga-Inseln, sowie den benachbarten Inselgruppen bestehenden Amtsbezirk die
allgemeine Ermächtigung ertheilt worden, bürgerlich gültige Eheschließungen von Deutschen vorzunehmen, und
die Geburten, Heirathen und Sterbefälle von Deutschen zu beurkunden.
Dem Vize-Konsul des Deutschen Reichs H. Bronn in Port-Said ist auf Grund des §. 20 des
Gesetzes vom 8. November 1867 die allgemeine Ermächtigung zur Abhörung von Zeugen und Abnahme von
Eiden ertheilt worden.
Berlin, Carl Heymann's Verlag. — Druck von F. Hofsschläger in Berlin.