Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zehnter Jahrgang. 1882. (10)

— 259 — 
enthalten, wie das Herbergswesen der Gesellen geregelt werden soll. Große Innungen, welche genügende Kräfte und Mittel 
besitzen, werden daher eine eigene Herberge errichten, andere dagegen entweder mit anderen Innungen zusammen eine Herberge 
errichten, oder durch Vertrag sich die Mitbenutzung der Herberge einer größeren Innung oder einer der an vielen Orten bereits 
bestehenden von Vereinen begründeten „Herbergen zur Heimath“ zu sichern haben. 
2. Die Verpflichtung zur Aufnahme kann die Innung nicht für alle Zuwandernde, welche sich für Gesellen ihres Gewerbes aus- 
geben, sondern nur für diejenigen übernehmen, welche sich als solche nach den von der Innung darüber erlassenen Vor- 
schriften ausweisen. 
Zu 88. 43—45. 
Wenn die Innung ihre Aufgabe, das Gesellenwesen gedeihlich zu regeln, erfüllen will, so muß sie die Voraussetzungen, 
unter welchen sie einen Gesellen als solchen anerkennt, feststellen, von dem Nachweise dieser Voraussetzungen die Aufnahme in die 
Herberge und die Zulassung zur Beschäftigung bei Innungsmeistern abhängig machen und den letzteren die Verpflichtung auf- 
erlegen, nur die von der Innung als solche anerkannten Gesellen in. Arbeit zu nehmen. Durch diese Regelung und deren Hand- 
habung erfüllt sie zugleich die Verpflichtung, für den Nachweis von Gesellenarbeit Sorge zu tragen. 
S. 43. 
Zuwandernde KTischler-] Gesellen, welche bei Innungsmeistern Beschäftigung suchen wollen, haben 
sich auf der Herberge zu melden, und erhalten darüber, wenn sie sich vorschriftsmäßig legitimiren und sich 
für den Fall, daß sie bei einem Innungsmeister in Arbeit treten, den Ordnungen der Innung unterwerfen, 
eine lvon einem Mitgliede des Ausschusses für das Gesellen= und Herbergswesen] lim Auftrage des Ausschusses 
für das Gesellen= und Herbergswesen vom Herbergsvater] (1) zu unterzeichnende Bescheinigung. 
Zweifel, welche über die Legitimation eines Gesellen entstehen, sind schleunigst zur Entscheidung des 
Vorsitzenden des Ausschusses für das Gesellen= und Herbergswesen zu bringen. 
Die zur Legitimation eines Gesellen erforderlichen Ausweise (2) und die Form derselben, sowie die 
Voraussetzungen, unter denen der Ausschuß von einzelnen Erfordernissen Abstand nehmen kann, werden durch 
Innungsbeschluß festgestellt. 
Zu K. 43. 
1. Die Prüfung der Legitimation und die Ausstellung der Bescheinigungen (für welche ebenso wie für die Erklärungen der Ge- 
sellen, daß sie sich den Ordnungen der Innung unterwerfen, Formulare zu verwenden sein werden) wird bei großen Innungen, 
welche die Ausschüsse zahlreich genug besetzen können, durch Mitglieder des Ausschusses, bei kleineren Innungen, um den Aus- 
schuß nicht zu stark zu belasten, durch den Herbergsvater wahrzunehmen sein. 
2. Von welchen Erfordernissen die Anerkennung als Geselle abhängig zu machen ist, wird nach Gewerben, Ort und Zeit ver- 
schieden zu beantworten sein. Mindestens wird zu verlangen sein, daß die Zurücklegung einer ordentlichen Lehrzeit nach- 
gewiesen wird. Daß diese Lehrzeit bei einer Innung zurückgelegt sei, kann wenigstens vorläufig noch nicht und ausnahmslos 
auch künftig nicht wohl gefordert werden. Eine völlig zweckmäßige und wirksame Regelung wird in dieser Beziehung voraus- 
sichtlich erst zu erreichen sein, wenn die Innungen eines Gewerbes durch Errichtung von Innungsverbänden sich die Möglich- 
keit verschaffen, auf diesem Gebiete gemeinsam und übereinstimmend vorzugehen. 
S. 44. 
Die Mitglieder der Innung, welche Gesellen suchen, haben dies bei dem Ausschuß für das Gesellen- 
und Herbergswesen anzumelden. [Die Namen derselben und ihre Wohnungen sind von dem diensthabenden 
Mitgliede des Ausschusses lvom Herbergsvater] in ein auf der Herberge aufzuhängendes Verzeichniß nach der 
Reihenfolge der Anmeldungen einzutragen (1).) 
  
Zu S. 44. 
1. Ob ein solches Verzeichniß geführt und ausgehängt oder ob statt dessen nur der Herbergsvater verpflichtet werden soll, dem 
Arbeit suchenden Gesellen die Namen der Gesellen suchenden Nässer zu nennen, oder ob den letzteren überlassen werden soll, 
ihre Ankündigung, daß sie Gesellen suchen, auf der Herberge aushängen zu lassen, muß der Erwägung überlassen bleiben. 
8. 45. 
Die Mitglieder der Innung dürfen nur Gesellen in Arbeit nehmen, welche die in §. 43 vor- 
geschriebene Bescheinigung vorzeigen. 
lEine Ausnahme von dieser Vorschrift greift nur hinsichtlich der bisher schon bei Innungsmitgliedern 
beschäftigten und von diesen ordnungsmäßig entlassenen, sowie hinsichtlich der bisher außerhalb des Bezirks 
Wot beschäftigt gewesenen Gesellen Platz, welchen ein Innungsmeister schriftlich Beschäftigung zu- 
gesichert hat. — 
Andere (1)] Gesellen, welche bei einem Innungsmeister Arbeit suchen, sind von diesem nach der 
Herberge zu verweisen. 
Zu g. 45. 
1. Ob diese Ausnahme zugelassen werden soll, bleibt zu erwägen. Wird sie zugelassen, so muß jedenfalls, wie es in 8. 46 durch 
die eingeklammerten Worte in Absatz 1 und 2 vorgesehen ist, die nachträgliche Legitimation gefordert werden.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.