Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zehnter Jahrgang. 1882. (10)

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Entstehen solche Zweifel nicht, oder werden dieselben durch Verhandlung mit dem Lehrmeister ge- 
hoben, so erfolgt in einem vom Vorstande anzusetzenden Termine, zu welchem auch der Ausschuß für das 
Lehrlingswesen einzuladen ist (1), die Vorstellung des Lehrlings, die Unterzeichnung des Lehrvertrages durch 
den Lehrmeister, den Lehrling und den Vater oder Vormund desselben und hierauf die Einschreibung des 
Lehrlings in die Lehrlingsrolle der Innung. 
Für das Erscheinen des Vaters oder Vormundes des Lehrlings hat der Lehrmeister Sorge zu 
tragen. Im Falle des Nichterscheinens des Vaters oder Vormundes hat der Lehrmeister die vorgängige 
Unterzeichnung des Lehrvertrages durch denselben herbeizuführen. 
u S. 56. 
zr 3. die Vorstellung und Einschreibung des Lehrlings in dieser oder in noch feierlicherer Weise vor der Innungsversammlung 
vorgenommen werden soll, ist zu erwägen. 
8. 57. · 
Die Innungsmeister, welche Lehrlinge halten, sind der Innung gegenüber zu sorgfältiger und ge- 
wissenhafter Beobachtung der Vorschriften des §. 126 der Gewerbeordnung“) verpflichtet. Sie sind ferner 
verpflichtet, ihre Lehrlinge zum Besuche der hiesigen Fortbildungs= [Gewerbe-, Fach-, gewerbliche Zeichen--] 
gene anzuhalten und ihnen die zum pünktlichen Erscheinen in den Unterrichtsstunden erforderliche Zeit zu 
gewähren. 
8. 58. 
Die Lehrherren haben ihre Lehrlinge zum fleißigen Besuch des öffentlichen Gottesdienstes anzuhalten. 
Den Lehrlingen der Innungsmeister ist der Besuch von Schank- und anderen öffentlichen Lokalen, 
sofern derselbe nicht in Begleitung erwachsener Angehöriger stattfindet, untersagt. Dagegen soll ihnen in 
einem dazu hergerichteten Lokale am Sonntag Nachmittag und Abend Gelegenheit zur Unterhaltung und 
Belehrung geboten werden. 
8. 59. 
Wird das Lehrlingsverhältniß von einem der beiden Theile aufgelöst, so hat der Lehrherr dem Aus- 
schuß für das Lehrlingswesen binnen 8 Tagen Anzeige zu machen. 
8. 60. 
Der Ausschuß für das Lehrlingswesen hat die Befolgung der gesetzlichen und statutarischen Vor- 
schriften über das Lehrlingswesen zu überwachen. (1) 
Zu dem Ende hat er ssich von Zeit zu Zeit durch seine dem Meisterstande angehörenden Mitglieder 
von der Art der Beschäftigung der Lehrlinge in den Werkstätten Kenntniß zu verschaffen und] sich einmal 
im Jahre hinsichtlich aller Lehrlinge davon zu überzeugen, ob dieselben den ihrer Lehrzeit angemessenen 
Stand der Ausbildung erreicht haben. 
[Eine besondere Beachtung hat er den nicht bei ihren Lehrmeistern untergebrachten Lehrlingen zu 
schenken, sich von der Beschaffenheit der Logir= und Kosthäuser, in denen sie untergebracht sind, Kenntniß zu 
verschaffen, und wenn er findet, daß aus derselben Gefahren für das leibliche oder sittliche Wohl des Lehr- 
lings erwachsen, durch Verhandlung mit dem Lehrmeister und den Eltern oder Vormündern des Lehrlings 
auf Beschaffung eines anderweiten den Anforderungen entsprechenden Unterkommens hinzuwirken.)] 
Die Lehrmeister sind verpflichtet, dem Ausschusse für das Lehrlingswesen jede von demselben ver- 
langte Auskunft über die Verhältnisse des Lehrlings zu geben, und Lehrlingen, welche vor den Ausschuß 
geladen werden, die zur Befolgung dieser Ladung erforderliche Zeit zu gewähren. Lehrmeister, welche dieser 
Verpflichtung nicht nachkommen, verwirken eine auf Antrag des Ausschusses vom Vorstande festzustellende 
Ordnungsstrafe von ..Mark. 
Zu §s. 600. 
1. Prn Befugnisse und Obliegenheiten der Ausschuß für das Lehrlingswesen haben soll, um die Handhabung der Vorschriften 
über das Lehrlingswesen zu sichern, ist im einzelnen Falle sorgfältig zu erwägen. Es ist dabei einerseits zwar zu berücksichtigen, 
  
*) §S. 126. Der Lehrherr ist verpflichtet, den Lehrling in den bei seinem Betriebe vorkommenden Arbeiten des Gewerbes 
in der durch den Zweck der Ausbildung gebotenen Reihenfolge und Ausdehnung zu unterweisen. Er muß entweder selbst oder 
durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die Ausbildung des Lehrlings leiten. Er darf dem Lehrling die 
zu seiner Ausbildung und zum Besuche des Gottesdienstes an Sonn= und Festtagen erforderliche Zeit und Gelegenheit durch Ver- 
wendung zu anderen Dienstleistungen nicht entziehen. Er hat den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anzuhalten 
und vor Ausschweifungen zu bewahren. 
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