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Entstehen solche Zweifel nicht, oder werden dieselben durch Verhandlung mit dem Lehrmeister ge-
hoben, so erfolgt in einem vom Vorstande anzusetzenden Termine, zu welchem auch der Ausschuß für das
Lehrlingswesen einzuladen ist (1), die Vorstellung des Lehrlings, die Unterzeichnung des Lehrvertrages durch
den Lehrmeister, den Lehrling und den Vater oder Vormund desselben und hierauf die Einschreibung des
Lehrlings in die Lehrlingsrolle der Innung.
Für das Erscheinen des Vaters oder Vormundes des Lehrlings hat der Lehrmeister Sorge zu
tragen. Im Falle des Nichterscheinens des Vaters oder Vormundes hat der Lehrmeister die vorgängige
Unterzeichnung des Lehrvertrages durch denselben herbeizuführen.
u S. 56.
zr 3. die Vorstellung und Einschreibung des Lehrlings in dieser oder in noch feierlicherer Weise vor der Innungsversammlung
vorgenommen werden soll, ist zu erwägen.
8. 57. ·
Die Innungsmeister, welche Lehrlinge halten, sind der Innung gegenüber zu sorgfältiger und ge-
wissenhafter Beobachtung der Vorschriften des §. 126 der Gewerbeordnung“) verpflichtet. Sie sind ferner
verpflichtet, ihre Lehrlinge zum Besuche der hiesigen Fortbildungs= [Gewerbe-, Fach-, gewerbliche Zeichen--]
gene anzuhalten und ihnen die zum pünktlichen Erscheinen in den Unterrichtsstunden erforderliche Zeit zu
gewähren.
8. 58.
Die Lehrherren haben ihre Lehrlinge zum fleißigen Besuch des öffentlichen Gottesdienstes anzuhalten.
Den Lehrlingen der Innungsmeister ist der Besuch von Schank- und anderen öffentlichen Lokalen,
sofern derselbe nicht in Begleitung erwachsener Angehöriger stattfindet, untersagt. Dagegen soll ihnen in
einem dazu hergerichteten Lokale am Sonntag Nachmittag und Abend Gelegenheit zur Unterhaltung und
Belehrung geboten werden.
8. 59.
Wird das Lehrlingsverhältniß von einem der beiden Theile aufgelöst, so hat der Lehrherr dem Aus-
schuß für das Lehrlingswesen binnen 8 Tagen Anzeige zu machen.
8. 60.
Der Ausschuß für das Lehrlingswesen hat die Befolgung der gesetzlichen und statutarischen Vor-
schriften über das Lehrlingswesen zu überwachen. (1)
Zu dem Ende hat er ssich von Zeit zu Zeit durch seine dem Meisterstande angehörenden Mitglieder
von der Art der Beschäftigung der Lehrlinge in den Werkstätten Kenntniß zu verschaffen und] sich einmal
im Jahre hinsichtlich aller Lehrlinge davon zu überzeugen, ob dieselben den ihrer Lehrzeit angemessenen
Stand der Ausbildung erreicht haben.
[Eine besondere Beachtung hat er den nicht bei ihren Lehrmeistern untergebrachten Lehrlingen zu
schenken, sich von der Beschaffenheit der Logir= und Kosthäuser, in denen sie untergebracht sind, Kenntniß zu
verschaffen, und wenn er findet, daß aus derselben Gefahren für das leibliche oder sittliche Wohl des Lehr-
lings erwachsen, durch Verhandlung mit dem Lehrmeister und den Eltern oder Vormündern des Lehrlings
auf Beschaffung eines anderweiten den Anforderungen entsprechenden Unterkommens hinzuwirken.)]
Die Lehrmeister sind verpflichtet, dem Ausschusse für das Lehrlingswesen jede von demselben ver-
langte Auskunft über die Verhältnisse des Lehrlings zu geben, und Lehrlingen, welche vor den Ausschuß
geladen werden, die zur Befolgung dieser Ladung erforderliche Zeit zu gewähren. Lehrmeister, welche dieser
Verpflichtung nicht nachkommen, verwirken eine auf Antrag des Ausschusses vom Vorstande festzustellende
Ordnungsstrafe von ..Mark.
Zu §s. 600.
1. Prn Befugnisse und Obliegenheiten der Ausschuß für das Lehrlingswesen haben soll, um die Handhabung der Vorschriften
über das Lehrlingswesen zu sichern, ist im einzelnen Falle sorgfältig zu erwägen. Es ist dabei einerseits zwar zu berücksichtigen,
*) §S. 126. Der Lehrherr ist verpflichtet, den Lehrling in den bei seinem Betriebe vorkommenden Arbeiten des Gewerbes
in der durch den Zweck der Ausbildung gebotenen Reihenfolge und Ausdehnung zu unterweisen. Er muß entweder selbst oder
durch einen geeigneten, ausdrücklich dazu bestimmten Vertreter die Ausbildung des Lehrlings leiten. Er darf dem Lehrling die
zu seiner Ausbildung und zum Besuche des Gottesdienstes an Sonn= und Festtagen erforderliche Zeit und Gelegenheit durch Ver-
wendung zu anderen Dienstleistungen nicht entziehen. Er hat den Lehrling zur Arbeitsamkeit und zu guten Sitten anzuhalten
und vor Ausschweifungen zu bewahren.
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