Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zehnter Jahrgang. 1882. (10)

3. Zoll= und Steuer-Wesen. 
  
Zur Beseitigung von Zweifeln und Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Auslegung und Anwendung 
des Gesetzes vom 1. Juli 1881, betreffend die Erhebung von Reichsstempelabgaben (Reichs-Gesetzblatt S. 185), 
hat der Bundesrath in seiner Sitzung vom 5. Juli d. I. die nachstehenden Beschlüsse gefaßt: 
1. Genußscheine und ähnliche zum Bezug eines Antheils an dem zur Vertheilung gelangenden 
Reingewinn einer Aktienunternehmung berechtigende Werthpapiere sind, wenn dieselben dem 
Eigenthümer oder Inhaber auch einen verhältnißmäßigen Antheil an dem Vermögen der Gesell- 
schaft gewähren, wie Aktien bezw. Aktienantheilscheine zu besteuern, wenn dies nicht der Fall ist, 
als Schuldverschreibungen. 
Als Kapitalwerth der letzteren ist zutreffendenfalls der 25fache Betrag der durchschnittlichen 
*8 event. der Kurswerth und, falls ein solcher nicht besteht, der Schätzungswerth 
anzusehen. 
2. Zu den Anschaffungsgeschäften im Sinne der Tarifnummer 4 gehört auch die Annahme von 
Wechseln, Kupons, Dividendenscheinen oder Werthpapieren zur Gutschrift in laufender Rechnung 
oder auf eine bestimmte, aus einem Waarengeschäft oder einem sonstigen Rechtsgrund ent- 
sprungene Schuld. 
3. Die Anwendbarkeit der Tarifnummer 4 b ist nicht auf die von einem Kontrahenten des Geschäfts 
ausgestellten und für einen solchen bestimmten Berechnungen, auch nicht auf Guthaben, Ver- 
pflichtungen oder Ansprüche beschränkt, welche auf Geld gerichtet sind. Die Tarifnummer 4b 
umfaßt sowohl die Berechnungen des Gläubigers über sein Guthaben, als solche des Schuldners 
über seine Verpflichtung. Es ist nicht erforderlich, daß die Berechnung außer dem Betrage des 
Anspruchs auch die Grundlagen enthält, aus denen der erstere rechnerisch ermittelt ist. Eine von 
beiden Angaben genügt. Der Zweck der Ausstellung einer Berechnung ist ohne Einfluß auf die 
Stempelpflichtigkeit derselben. Auch quittirte Rechnungen und Quittungen, welche den Inhalt 
der Rechnungen im Sinne des Tarifs haben, sind stempelpflichtig. 
Die Rechnung ist auch dann im Sinne des Tarifs über ein „abgeschlossenes" Geschäft 
ausgestellt, wenn sie vor dem Abschlusse des Geschäfts in Erwartung des letzteren angefertigt, 
aber erst gleichzeitig mit dem Abschluß oder in Folge desselben ausgehändigt bezw. angenommen 
wird, wie dies beispielsweise bei den Rechnungen der Fall ist, welche den zur Diskontirung an- 
gebotenen Wechseln beigefügt zu werden pflegen. 
Auf Kontokorrent= und Rechnungsauszüge ist die Tarifnummer 4b alsdann anwendbar, 
wenn im Debet oder Kredit ein Anspruch aufgerechnet wird, welcher aus einem der in der 
gedachten Nummer bezeichneten Geschäfte entsprungen ist. 
4. Noten über Auszahlungen für Rechnung eines Andern fallen nicht unter die Tarifnummer 4, 
sofern nicht etwa ein Kauf fremder Banknoten oder fremden Geldes vorliegt. 
5. Auf Schriftstücke der Tarifnummer 4b findet die Vorschrift im §. 9b des Gesetzes vom 
1. Juli v. J. keine Anwendung. Bank= oder Kreditinstituten, welche Geschäfte der Staatskasse 
in deren Vertretung ausführen, kommt die gedachte Vorschrift nicht zu gute. 
6. Schlußnoten 2c. und Rechnungen 2c. über die in der Tarifnummer 4 bezeichneten Geschäfte sind 
auch dann stempelpflichtig, wenn das Geschäft Zins= oder Dividendenscheine (Kupons) zum 
Gegenstande hat. 
7. Bei der Berechnung des Werths des Gegenstandes des Geschäfts nach der „Befreiung“ Ziffer 1 
zu Tarifnummer 4 sind die laufenden Zinsen mit in Rechnung zu stellen. 
8. Wird der bereits vorher brieflich oder mündlich durch Herstellung des Konsenses erzielte Abschluß 
eines der Tarifnummer 4 a angehörigen Geschäftes in, die Geschäftsbedingungen zusammenstellenden 
Briefen bestätigt, so ist die „Befreiung“ Ziffer 3 zur Tarifnummer 4 auf diese Briefe nicht 
anwendbar. 
9. Auf Briefe, welche eine Rechnung 2rc. der in Tarifnummer 4 b bezeichneten Art enthalten, findet 
die „Befreiung“ Ziffer 3 zur Tarifnummer 4 keine Anwendung.
	        
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