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oder konsularischen Behörde versehen sein. Von der letzteren muß zugleich ausdrücklich bescheinigt
werden, daß die Form der Ausstellung den Bestimmungen der betreffenden Landesgesetze entspricht.
2. Der Parteieid ist als Beweismittel nur zugelassen, wenn beide Theile darüber einverstanden sind.
Eideszuschiebung oder gerichtliche Auferlegung des Eides findet nicht statt.
3. Bei Einreichung der Klageschrift müssen zugleich die Gerichtskosten eingezahlt werden. Außerhalb
Rußland lebende Personen können die Einzahlung bei einer russischen diplomatischen oder kon-
sularischen Behörde bewirken, und deren Quittung der Klageschrift beifügen. Die eigentlichen
Gerichtsgebühren betragen:
a) in friedensrichterlichen Sachen 1 Prozent der Streitsumme und 10 Kop. Stempel für jede
Bittschrift und jede Anlage,
b) in bezirksgerichtlichen Sachen ½ Prozent der Streitsumme und 60 Kop. Stempel für jede
Bittschrift, jede Anlage und jede Abschrift.
Die Zustellungskosten, die Zeugen-Sachverständigengebühren u. s. w. müssen besonders erlegt
werden. Falls Kläger den Wohnort des Beklagten nicht anzugeben vermag, so hat er behufs
Ermöglichung der öffentlichen Vorladung 6 Rubel im voraus einzuzahlen.
Für Ausfertigungen und Abschriften, welche das Gericht ertheilt, sind besondere Kanzlei-
gebühren zu entrichten, welche 20 Kop. für den Bogen und 10 Kop. für jedes Gerichtssiegel
etragen.
4. Ausländer, welche nicht in russischen Diensten stehen oder in Rußland Immobilien besitzen,
müssen dem Beklagten auf dessen Verlangen wegen der Prozeßkosten und Prozeßschäden Sicherheit
bestellen. Die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung tritt nicht ein bei Handelssachen, welche vor
den Handelsgerichten, im General-Gouvernement Warschau auch bei denjenigen, welche vor den
gewöhnlichen Gerichten geltend gemacht werden.
Die Zulassung zum Armenrecht befreit dagegen von der Kautionspflicht nicht.
5. Die Gerichtssprache ist die russische. Die einzureichenden Schriftsätze müssen in dieser Sprache
abgefaßt sein. Etwaige Beläge in einer anderen Sprache sind mit russischen Uebersetzungen zu
versehen, und Abschriften dieser Uebersetzungen für die Gegenpartei beizufügen.
Bei den Gemeindegerichten im General-Gouvernement Warschau ist ausnahmsweise der
Gebrauch der polnischen Sprache gestattet.
6. Auf Grund der §§. 1273—1281 der russischen Civilprozeßordnung über die Vollstreckung der
Urtheile ausländischer Gerichte können nach einem Erkenntnisse des Civilkassations-Departements
des dirigirenden Senats vom Jahre 1882 in Rußland nur die Urtheile der Gerichte solcher
Staaten vollstreckt werden, welche mit Rußland ein Abkommen über die gegenseitige Vollstreckung
der Erkenninisse der Gerichte in Civilsachen getroffen haben. Ein solches Abkommen besteht
zwischen dem Deutschen Reich beziehungsweise Preußen und Rußland nicht.
IV. In denjenigen Theilen des russischen Reichs, in welchen die Justizgesetze vom 20. November
1864 weder ganz noch theilweise eingeführt sind, mit Ausnahme jedoch der Ostseeprovinzen und des Groß-
fürstenthums Finland, ist es zulässig, behufs Beitreibung liquider Schuldforderungen sich an die Polizei-
behörden zu wenden. Zu diesem Zwecke kann seitens der deutschen Reichsangehörigen die Vermittelung der
Kaiserlichen Botschaft in St. Petersburg in Anspruch genommen werden. Ein Erfolg derartiger Schritte
läßt sich jedoch niemals mit Sicherheit und jedenfalls nur dann erwarten, wenn der Gläubiger Wechsel oder
schriftliche Anerkenntnisse des Schuldners vorzulegen vermag.