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8. 3.
Zu dem für den Geschäftsbereich der Kaiserlichen Ober-Postdirektion zu bildenden Schiedsgericht wer-
den von der letzteren zwei Beisitzer, sowie für jeden Beisitzer ein erster und zweiter Stellvertreter aus der Zahl
derjenigen am Sitze der Ober-Postdirektion wohnhaften großjährigen angestellten Beamten der Reichs-Post-
und Telegraphenverwaltung auf die Dauer von vier Jahren, vom 1. Oktober 1885 an gerechnet, ernannt,
welche weder zu den Beamten der Kaiserlichen Ober-Postdirektion gehören, noch durch richterliche Anordnung
in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind.
Zwei weitere Beisitzer zum Schiedsgericht, sowie für jeden Beisitzer ein erster und zweiter Stellver-
treter werden von den Vertretern der Arbeiter nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen auf die Dauer
von vier Jahren gewählt. .
Die Kaiserliche Ober-Postdirektion beruft die Vertreter der Arbeiter das erste Mal binnen einer
Woche nach deren Wahl, künftig in der ersten Woche des Oktober, zur Wahl und betraut einen Beamten
mit der Leitung des Wahlgeschäfts. Die Wahl der Beisitzer erfolgt mündlich, oder, falls es von einer Seite
verlangt wird, durch Stimmzettel in der Weise, daß jeder Wählende so viele Namen ausschreibt, als Beisitzer
zu wählen sind. Bei der Wahl führt jeder erschienene Vertreter eine Stimme. Gewählt sind diejenigen,
welche die meisten Stimmen erhalten. Stimmen, welche auf nicht wählbare Personen fallen oder die Ge-
wählten nicht deutlich bezeichnen, werden nicht mitgezählt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Wahl-
vorsteher zu ziehende Loos. In derselben Weise und für dieselbe Zeit werden in besonderen Wahlgängen
für jeden Beisitzer zwei Stellvertreter gewählt. Die letztere Wahl hat dergestalt stattzufinden, daß sich deutlich
ergiebt, welche Person erster und welche Person zweiter Stellvertreter ist.
Als Beisitzer und Stellvertreter wählbar sind nur solche großjährige, der Reichs-Post= und Tele-
graphenverwaltung angehörende, gegen Unfall versicherte Unterbeamte oder Arbeiter, welche Mitglieder der
Kassen sind, deren Vorstände die Vertreter der Arbeiter gewählt haben, sich im Besitze der bürgerlichen Ehren-
rechte befinden und nicht durch richterliche Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind.
Alle zwei Jahre scheidet die Hälfte der Beisitzer und ihrer Stellvertreter aus. Die erstmalig Aus-
scheidenden werden durch das bei der ersten Wahl vom Wahlvorsteher zu ziehende Loos bestimmt. Scheidet
ein Beisitzer während der Wahlperiode aus, so treten für den Rest derselben die Stellvertreter in der Reihen-
folge ihrer Wahl ein. Ausscheidende Beisitzer und Stellvertreter sind wieder wählbar.
Ueber jede Wahl von Beisitzern und Stellvertretern zum Schiedsgericht ist eine Verhandlungsschrift
aufzunehmen, welche von dem Wahlvorsteher zu unterschreiben und an die Kaiserliche Ober-Postdirektion ein-
zureichen ist. Die letztere hat die gewählten Beisitzer und Stellvertreter von ihrer Wahl zu benachrichtigen
und ihren Namen und Wohnort zum Zweck der Veröffentlichung durch die Landes-Zentralbehörde dem Reichs-
Postamt anzuzeigen.
Lehnt ein Gewählter die Wahl zum Beisitzer oder zum Stellvertreter ab, so hat die Kaiserliche Ober-
Postdirektion die Berechtigung der Ablehnung zu prüfen. Erachtet sie die Ablehnung für begründet, so hat
sie alsbald die Wahl einer anderen Person zu veranlassen. Anderenfalls hat sie das Ablehnungsgesuch zurück-
zuweisen und, wenn der Gewählte trotzdem sich weigert, die Obliegenheiten des Amts wahrzunehmen, beim
Reichs-Postamt die Verhängung der gesetzlichen Zwangemaßregeln zu beantragen.
8. 4
Die Vertreter und Ersatzvertreter der Arbeiter, sowie die von diesen gewählten Beisitzer und Stell-
vertreter zum Schiedsgericht erhalten in Fällen der Einberufung Ersatz für den entgangenen Arbeitsverdienst
und für nothwendige baare Auslagen.
Sofern die Vertreter in Folge ihrer Einberufung einen Verlust an Diensteinkommen, Arbeitslohn rc.
erleiden, wird denselben derjenige Betrag gewährt, welchen sie bei ununterbrochener Fortdauer ihrer Beschäfti-
gung für die Dauer der Einberufung erhalten hätten.
Für Reisekosten werden als baare Auslagen diejenigen Sätze gewährt, welche bei Ausführung von
Dienstreisen zu zahlen sind. Personen des Arbeiterstandes sind bezüglich der Höhe der Sätze hierbei den
Unterbeamten gleich zu stellen.
Die zu erstattenden Beträge sind, soweit sie sich auf Vertreter und Ersatzvertreter der Arbeiter be-
ziehen, durch die unmittelbar vorgesetzte Dienststelle in Forderung nachzuweisen. Kommen neben den Reise-
kosten noch andere baare Auelagen zum Ansatz, so sind die entsprechenden Beläge beizubringen. Die Forde-
rungsnachweise werden von der Kaiserlichen Ober-Postdirektion festgestellt und die zu erstattenden Beträge auf
die Postkasse angewiesen.