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4. Zoll= und Steuer-Wesen.
Der Bundesrath. hat in seiner Sitzung vom 4. d. Mts. beschlossen,
den nachstehenden Bestimmungen über die Behandlung der Zoll= und Steuerkredite, sowie
der Steuervergütungs= und Berechtigungsscheine in Fällen eintretender Kriegsgefahr die Ge-
nehmigung zu ertheilen.
Berlin, den 18. Juli 1891.
Der Reichskanzler.
In Vertretung: Freiherr v. Maltzahn.
· Bestimmungen
über die Behandlung der Zoll= und Stenerkredite, sowie der Steuervergütungs= und Berechtigungs-
scheine im Falle des Eintritts einer drohenden Kriegsgefahr.
1. Für den Fall des Eintritts einer drohenden Kriegsgefahr ist der Reichskanzler ermächtigt, von den
Bundesregierungen die sofortige Einziehung aller gestundeten Beträge an Zöllen, Verbrauchssteuern
und Spielkartenstempel in Anspruch zu nehmen.
2. Zu diesem Zweck dürfen vom 1. August 1891 ab die vorbezeichneten Abgaben nur noch unter
der Bedingung gestundet werden, daß die Kreditnehmer sich verpflichten, sobald der Reichskanzler
es wegen Eintritts einer Kriegsgefahr für erforderlich erachten sollte, auf Verlangen der Steuer-
behörde die gestundeten Beträge, wenn solche auf einen Fälligkeitstermin mindestens die Summe
von 300 (¾ erreichen, entweder gegen Gewährung eines von dem Reichskanzler zu
bestimmenden Diskonts sogleich baar einzuzahlen oder bei Vermeidung sofortigen Fälligwerdens in
Höhe derselben Wechsel zu zeichnen, welche von der Reichs-Finanzverwaltung verwerthet werden
können. Den Kreditnehmern ist diese Verpflichtung durch entsprechende Ergänzung der mit denselben
bei der Bewilligung des Kredits aufgenommenen beziehungsweise künftig aufzunehmenden Verhand-
lungen ein für allemal aufzuerlegen. Dabei ist den Kreditnehmern zugleich ausdrücklich zu eröffnen,
daß durch die Aushändigung von Wechseln über die kreditirten Beträge die Steuerschuld nicht
getilgt, auch nicht in eine Wechselschuld umgewandelt wird, sondern bis zur Einlösung der Wechsel
unverändert bestehen bleibt.
Den Kreditnehmern steht es, sobald die im vorhergehenden Absatze bezeichnete Aufforderung
des Reichskanzlers ergangen ist, auch bezüglich der auf einen Fälligkeitstermin die Summe von
300 M nicht erreichenden gestundeten Beträge frei, dieselben gegen Gewährung der von dem Reichs-
kanzler bestimmten Zinsvergütung sofort baar einzuzahlen.
3. Sind die Kreditnehmer auf das an sie gestellte Erfordern der Behörde (Ziffer 2) zur sofortigen baaren
Einzahlung der gestundeten Beträge oder eines Theils derselben bereit, so darf bei der Zahlungs-
leistung ein von dem Reichskanzler zu bestimmender Diskont in Abzug gebracht werden. Derselbe
ist vom Tage der Einzahlung an (diesen Tag eingeschlossen) bis zu dem Tage zu berechnen, an
welchem der Kredit fällig wird. Dabei wird jeder volle Monat als Monat von 30 Tagen und
jeder Monatstheil als Theil eines Monats von 30 Tagen gerechnet. Der Tag der Fälligkeit des
Kredits bleibt außer Betracht. Die auf diese Weise abgelösten Kredite haben die Hauptämter mit
dem vollen Betrage als eingezahlt abzuschreiben, den gewährten Diskont aber als Vorschuß für
Rechnung des Reichs zu buchen.
Ueber die nicht sofort durch Baarzahlung abgelösten Kredite sind, soweit der zu gleicher Zeit
fällige Betrag derselben sich auf mindestens 300 ¼ beläuft, von den Kreditnehmern nach ihrer
Wahl binnen einer von der Steuerbehörde zu bestimmenden kurzen Frist
entweder