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zucker umgerechnet zu der direkt gefundenen Menge des letzteren hinzuzurechnen und die Summe
der Berechnung zu Grunde zu legen.
Der Invertzucker pflegt in den Abläufen zwar häufig inaltiv zu sein, kann aber doch auch
die normale Linksdrehung besitzen und somit die Polarisation des vorhandenen Rohrzuckers zu
gering erscheinen lassen. Deshalb ist es bei der Untersuchung von Zuckerabläufen nicht zuläsig, in
gleicher Weise wie dies von Meissl für den festen Kolonialzucker vorgeschlagen worden ist, den
gefundenen Invertzucker mit 0,34 zu multipliziren und die erhaltene Zahl der Polarisation zuzu-
zählen. Wollte man in dieser Weise verfahren, so würde in vielen Fällen der Zuckergehalt der
Abläufe ihrem wirklichen Zuckergehalte gegenüber zu hoch ermittelt werden. Immerhin wird aber
die Möglichkeit im Auge zu behalten sein, daß in Folge des Drehungsvermögens des Invertzuckers
nach links bei Anwesenheit größerer Mengen desselben der Rohrzuckergehalt viel zu niedrig gefunden
wird. Im Hinblick auf diese Verhältnisse erscheint im Allgemeinen die Berechnung des Gesammt-
zuckers aus der Polarisation und dem gefundenen Invertzucker nur in solchen Fällen statthaft, wo
die Menge des Invertzuckers nicht über ein gewisses Maß hinausgeht. Beispielsweise würde bei
Anwesenheit von 6 Prozent Invertzucker die Polarisation des Rübenzuckers bereits um 6 K 0,34—
2,04 Prozent zu niedrig ausfallen können. Es empfiehlt sich daher, bei Zuckerabläufen im All-
gemeinen von der optischen Methode der Zuckerbestimmung gänzlich abzusehen und die gewichts-
enalhice anzuwenden, für welche weiter unten unter a eine rasch auszuführende Arbeitsweise an-
gegeben ist.
Eine Ausnahme tritt ein bei Anwesenheit von Stärkezucker in den Abläufen. Da wir die
Menge des vorhandenen Stärkezuckers nicht genau bestimmen können, und da ferner das Reduktions=
vermögen des Stärkezuckers, welches bei der Handelswaare entsprechend einem Gehalt von un-
gefähr 40 bis 60 Prozent Glukose schwankt, unter denjenigen Bedingungen, unter welchen die
Inversion der Zuckerabläufe behufs Ausführung der gewichtsanalytischen Zuckerbestimmung vor-
genommen wird, fast unverändert bleibt, so ist in Fällen, in denen solcher vorhanden ist, die
gewichtsanalytische Methode zur Feststellung des gesammten Gehalts an Rohrzucker beziehungsweise
des Quotienten nicht mehr anwendbar. Sie würde im Gegentheil zu großen Trrchümern führen
und es würden Abläufe von einem Quotienten über 70, nach dieser Methode untersucht, nach Zusatz
einer gewissen Menge Stärkezucker als solche von einem Quotienten unter 70 erscheinen. Ist aber
Stärkezucker zugegen, so wird die Linksdrehung des Invertzuckers auf die Polarisation des Zuckers
gar nicht mehr wie bei unverschnittenen Abläufen wirken, weil der Stärkezucker ein ungleich höheres
Rechtsdrehungsvermögen besitzt als die anderen vorhandenen Zuckerarten. Um Täuschungen zu
verhüten, welche durch Vermischen von Abläufen von einem Quotienten über 70 mit Stärkezucker
leicht möglich sein würden, ist deshalb in allen Fällen, in denen Stärkezucker zugegen ist, der
Gesammtzuckergehalt aus der Polarisation und dem direkt zu bestimmenden Invertzucker zu berechnen,
wie nachstehend unter b vorgeschrieben ist.
Jeder Ablauf von 2 Prozent oder mehr Invertzuckergehalt ist demnach zuvörderst daraufhin
zu prüfen, ob er etwa Stärkezucker enthält.
In den Zuckerfabriken wird Stärkezucker den Rohrzuckerabläufen nur selten zugesetzt.
Namentlich werden Melassen, welche zur Versendung nach Branntweinbrennereien oder Melasse-
entzuckerungsanstalten bestimmt sind, Stärkezucker in der Regel nicht enthalten, weil sie sich in diesen
Gewerbsanstalten nur schwierig würden verarbeiten lassen. Glaubt nun der untersuchende Chemiker
auf Grund seiner Kenntniß des Ursprungs oder der Bestimmung des betreffenden Zuckerablaufs
nach pflichtmäßigem Ermessen mit genügender Sicherheit annehmen zu können, daß der zu unter-
suchende Ablauf Stärkezucker nicht enthält, so kann er von der bezüglichen Prüfung auf chemischem
Wege absehen. Andernfalls hat die chemische Untersuchung auf Stärkezuckergehalt in folgender
Weise stattzufinden:
Das halbe Normalgewicht wird im Hundertkolben in 75 cem Wasser gelöst und mit 5 cem
Salzsäure von 119 spezisischem Gewicht bei 67 bis 70° C. invertirt. Darauf wird zu Hundert
aufgesüllt und mit ½ bis 1, bei dunklen Abläufen auch mit 2 bis 3 gmit Salzsäure aus-
gewaschener Knochen= oder Blutkohle entfärbt, welche man in trockenem Zustande in den Hundert-
kolben bringt. Wendet man Blutkohle an, so ist ihr Absorptionsfaktor für Invertzucker, welcher
nicht für alle Sorten gleich ist, zu bestimmen und die am Polarimeter abgelesene Zahl entsprechend
zu berichtigen. Unverfälschte Abläufe nehmen zwar erfahrungsgemäß häufig nicht ganz die normale
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