Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung
1. eine Verschnittwein-Zollordnung und
2. Bestimmungen über die Anwendung der vertragsmäßigen Zollsätze für Gerbstoffauszüge
mit Wirkung vom 1. März 1906 ab genehmigt.
Begriffs-
bestimmung
und Sollsatz
Bedingung
der
unmittelbaren
Einfuhr.
Seitpunkt der
Erklärung als
Derschnitt.
wein.
Beschränkung
der
Abfertigungs.
befugnis.
Beide Bestimmungen sind nachstehend abgedruckt.
Berlin, den 24. Februar 1906.
Der Reichskanzler.
Im Auftrage: Kühn.
Verschnittwein-Zollardnung.
(V. W. O.)
1.
Im Sinne der vertragsmäßigen Vereinbarungen gelten
A. als Verschnittweine solche rote Naturweine von Trauben, welche in 100 Gewichtsteilen
mindestens 9,5 und höchstens 20 Gewichtsteile Weingeist und im Liter Flüssigkeit bei
100°% C. mindestens 28 g trockenen Extrakt enthalten,
B. als Verschnittmoste solche frische Moste von Trauben zu rotem Weine, welche eine dem
Mindestgehalte der Verschnittweine an Weingeist entsprechende Menge Fruchtzucker und
außerdem im Liter Flüssigkeit bei 100° C. mindestens 28 g trockenen Extrakt enthalten.
Verschnittweine und Verschnittmoste, deren Erzeugung in Tarifvertrags= oder meistbegünstigten
Staaten außer Zweifel steht, unterliegen dem ermäßigten Zollsatze von 15 IJ. für 1 d2, sofern
ihre Einfuhr in Fässern oder Kesselwagen unmittelbar aus dem Erzeugungsland erfolgt ist und ihre
Verwendung zum Verschneiden von Wein unter Erfüllung nachstehender Bedingungen beantragt und
unter zollamtlicher Uberwachung vorgenommen wird.
A. Derschnittweine.
2.
Die Bedingung der unmittelbaren Einfarr des Weines aus dem Erzeugungsland ist erfüllt,
wenn keine zwischenzeitige Lagerung in einem dritten Lande stattgefunden hat. Als zwischenzeitige
Lagerung ist der lediglich durch Umladen oder Erwarten einer geeigneten Beförderungsgelegenheit
bedingte Aufenthalt nicht anzusehen.
Die zwischenzeitige Lagerung in einem deutschen Freihafengebiete hat die Ausschließung
von dem ermäßigten Zollsatze dann nicht zur Folge, wenn über die Weine während dieser Lagerung
eine zollamtliche Kontrolle ausgeübt worden ist und eine Bescheinigung hierüber bei der Einfuhr
in das Zollgebiet beigebracht wird.
Zum Nachweise der unmittelbaren Einfuhr aus dem Erzeugungslande sind von dem An-
tragsteller die Frachtbriefe oder Schiffskonnossemente und auf Verlangen auch der geschäftliche
Schriftwechsel über den Bezug der Sendung in Urschrift vorzulegen. Eine deutsche Ubersetzung des
Schriftwechsels ist auf Verlangen der Zollabfertigungsstelle zu beschaffen.
83.
Die Absicht der Verwendung als Verschnittwein muß spätestens bei Stellung des Antrags
auf Verzollung oder Einlagerung des Weines erklärt werden.
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8 t
Die Prüfung der als Verschnittweine erklärten Weine auf das Vorhandensein der im 81
angegebenen Eigenschaften kann nur bei den hierzu durch die obersten Landesfinanzbehörden er—
mächtigten Zoll- oder Steuerstellen erfolgen.