Full text: Zentralblatt für das Deutsche Reich. Fünfunddreißigster Jahrgang. 1907. (35)

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2. Der Oberrichter kann geeigneten bei dem Obergericht oder dem Gericht angestellten oder 
sonst beschäftigten nichtrichterlichen Beamten die Erledigung bestimmter Arten von Geschäften, die zur 
Zuständigkeit des Oberrichters oder der Richter gehören, durch schriftliche Verfügung allgemein über— 
tragen, die zur Zuständigkeit eines Richters gehörigen Geschäfte jedoch nur mit dessen Zustimmung. 
Diese Befugnis erstreckt sich nicht auf die Urteilsfällung, die Beurkundung von Verfügungen von Todes 
wegen, die Entscheidung über Durchsuchungen, Beschlagnahme von Gegenständen und Verhaftungen 
sowie auf die Ernennung der Beisitzer und die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die Ubertragung 
hindert weder den Oberrichter noch den Richter, Geschäfte der betreffenden Art selbst wahrzunehmen; sie 
ist jederzeit widerruflich. Die Ubertragung und der Widerruf bedürfen der Zustimmung des Gouverneurs. 
3. Der Oberrichter ist befugt, für das Obergericht und das Gericht die Abhaltung von 
Gerichtstagen außerhalb Tsingtaus anzuordnen. 
83. 
Gericht. 
1. Bei dem Gerichte werden so viele selbständige Abteilungen gebildet, als etatsmäßige Richter 
vorhanden sind. 
2. Uber die Verteilung der richterlichen Geschäfte und die gegenseitige Vertretung der Richter 
während des nächsten Geschäftsjahrs beschließen alljährlich im Monat Dezember die Richter unter 
Vorsitz des Oberrichters nach Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Ober— 
richters den Ausschlag. In der Geschäftsverteilung ist vorzusehen, daß, falls dem Gouverneur ein 
Marinejustizbeamter beigeordnet ist, dieser zur Vertretung eines behinderten Richters berufen ist. 
Die Geschäftsverteilung ist vom Oberrichter bekannt zu machen; sie darf im Laufe des Ge— 
schäftsjahrs nur geändert werden, wenn diese infolge einer Organisationsänderung, einer Personal— 
veränderung oder einer nicht nur vorübergehenden Behinderung eines Richters erforderlich wird. 
3. Ist die Vertretung eines verhinderten Richters durch einen der nach der Geschäfts— 
verteilung berufenen richterlichen Beamten aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich, 
so wird ein Vertreter vom Reichskanzler (Reichs-Marineamt) bestellt. In dringlichen Fällen kann der 
Oberrichter mit Zustimmung des Gouverneurs vorläufige Anordnungen über die Vertretung treffen. 
4. Jeder Richter kann den in seiner Abteilung beschäftigten Beamten die Erledigung einzelner 
zu seiner Zuständigkeit gehöriger Geschäfte mit Ausnahme der im § 2 Nr. 2 bezeichneten durch schrift- 
liche Anordnung übertragen. 
84. 
Beisitzer. 
(Zu 8 2 des Schutzgebietsgesetzes in Verbindung mit 88 8-18 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit und der 
Kaiserlichen Verordnung, betreffend das Gericht zweiter Instanz für das Schutzgebiet Kiautschou.) « 
1. Die Beisitzer und Hilfsbeisitzer des Obergerichts und des Gerichts werden vom Oberrichter 
ernannt. Es sind nur deutsche Reichsangehörige zu ernennen. Die Ernennungen bedürfen der Zu— 
stimmung des Gouverneurs. Der Oberrichter hat Namen und Stand der Beisitzer und Hilfsbeisitzer 
dem Reichskanzler (Reichs-Marineamt) anzuzeigen. 
2. Die Worte, welche der Vorsitzende bei der Beeidigung an die Beisitzer zu richten hat, lauten: 
„Sie schwören bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Bei— 
sitzers des Kaiserlichen Obergerichts (Gerichts) von Kiautschou getreulich zu erfüllen und 
Ihre Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben“. 
85. 
Rechtsanwälte und Notare. 
(Zu 88 2 und s Nr. 8 des Schutzgebietsgesetzes in Verbindung mit §117 des Konsulargerichtsbarkeitsgesetzes und § 11 der 
Kaiserlichen Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in den deutschen Schutzgebieten.) 
1. Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und die Zurücknahme der Zulassung erfolgen durch 
den Oberrichter und bedürfen der Zustimmung des Gouverneurs. 
In der Regel sollen nur deutsche Reichsangehörige zugelassen werden, die die Befähigung zum 
Richteramt in einem deutschen Bundesstaat erworben haben. Im übrigen setzt der Oberrichter die 
Voraussetzungen der Zulassung sowie der Zurücknahme derselben fest.
	        
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