Full text: Zentralblatt für das Deutsche Reich. Einundvierzigster Jahrgang. 1913. (41)

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man von „Mischen (Panaschieren)“. Oder aber der Wähler darf endlich auch einem solchen Be— 
werber seine Stimme geben, der überhaupt in keinem Wahlvorschlage genannt ist („Freie Listen 
mit Wilden“). 
rn z. B. zwei Wahlvorschläge eingegangen, und sind auf dem Wahlvorschlag I die Be- 
werber A, B, C und D, auf dem Wahlovorschlage II die Bewerber X, V, “ und U vorgeschlagen, 
so darf der Wähler bei dem System der streng gebundenen Listen nur einen Stimmzettel abgeben, 
der entweder A, B, C, D oder X, v, %, U lautet. Bei den einfach gebundenen Listen darf er 
zwar auch nur eine der beiden Gruppen wählen, aber er darf innerhalb der Gruppen die Reihen= 
folge ändern, also z. B. einen Stimmzettel mit C, B, A, D oder X, U, 2, W abgeben. Bei den 
freien Listen mit Mischen darf sich der Wähler aus den 8 genannten Bewerbern seinen Stimmzettel 
zusammenstellen, also z. B. A, C, 7 und 2 wählen, bei den freien Listen mit Zulassung von Wilden 
darf er endlich einem Bewerber seine Stimme geben, der sich unter jenen 8 Namen nicht befindet, 
also z. B. A, X, K und L auf seinen Stimmzettel setzen. 
Die freien Listen gewähren dem einzelnen Wähler größere Freiheit in der Wahl ihm ge- 
nehmer Bewerber, während er bei den gebundenen Listen auf solche Bewerber beschränkt ist, die 
gerade eine bestimmte Parteigruppe in ihrem Vorschlag benennt. Er kann aber auch, falls er die 
genügende Anzahl von Mitunterzeichnern findet, einen eigenen Wahlvorschlag einreichen. Die ge- 
bundenen Listen erleichtern anderseits die Ermittelung des Wahlergebnisses. Bei den streng ge- 
bundenen Listen insbesondere brauchen nur die auf den gleichen Wahlvorschlag entfallenden Stimm- 
zettel zusammengezählt zu werden. Bei den freien Listen dagegen ist zu ermitteln, wieviel Stimmen 
jeder einzelne Bewerber erhalten hat. Die gebundenen Listen lassen auch die Benennung derselben 
Personen in mehreren Wahlvorschlägen zu. Die Zulassung von Wilden würde die Anwendbarkeit 
des § 10 der Wahlordnung ausschließen, der es ermöglicht, unter Umständen von einer eigentlichen 
Wahl überhaupt abzusehen. 
Die Wahlordnung stellt die genannten Systeme wahlweise nebeneinander. Dabei sind die 
nur für freie Listen anwendbaren Bestimmungen durch schrage S#cerl, die nur für gebundene Listen 
geltenden Bestimmungen durch lateinische Schrift hervorgehoben?). 
III. Ermittelung des Wahlergebnisses. 
(Verteilungszahl.) 
Für die Ermittelung des Wahlergebnisses bestehen verschiedene Möglichkeiten: 
1. Nach dem einfachsten Verfahren teilt man die Gesamtzahl der abgegebenen gültigen 
Stimmen durch die Zahl der zu wählenden Bewerber und stellt fest, wie oft die so 
ermittelte Zahl („Verteilungszahl") in der jedem Wahlvorschlage zugefallenen Stimmen- 
zahl enthalten ist. Sind z. B. 3 Wahlvorschläge I, II, III eingegangen, auf Wahl- 
vorschlag I 250, auf Wahlvorschlag II 150, auf Wahlvorschlag III 100 Stimmen 
abgegeben, insgesamt also 500 Stimmen, und sind 4 Bewerber zu wählen, so beträgt die 
Verteilungszahl r0 — 125; es entfallen dann auf Wahlvorschlag I "505 — 2 Bewerber 
*) Zwei durch die Listensysteme bedingten Besonderheiten sind die Stimmhäufung (Kumulierung) und die 
Listenverbindung. 
a) Unter Stimmenhäusung versteht man die Befugnis des Wählers, anstatt jedem Bewerber eine Stimme, 
einem Bewerber mehrere Stimmen zu geben. Wenn z. B. vier Bewerber zu wählen sind, so hat der 
Wähler regelmäßig vier verschiedene Namen in seinen Stimmzettel zu schreiben. Wenn ihm aber 
an der Wahl bestimmter Bewerber, z. B. des B, viel gelegen ist, so kann der Wähler diesem 
dadurch eine größere Zahl von Stimmen zuwenden, daß er, natürlich nur bis zu der zulässigen 
Gesamtstimmenzahl von vier, den Namen des B mehrmals wiederholt, also z. B. (inen Stimmzettel 
mit A, B, B, C oder gar mit B, B, I, B abgibt. 
Die Stimmenhäusung ist im § 13 der Wahlordnung berücksichtigt. 
Unter Listenverbindung versteht man die Befugnis mehrerer Parteien, zu bestimmen, daß ihre 
Wahlvorschläge im Verhältnis zu den Wahlvorschlägen anderer Parleien als ein gemeinsamer 
Wahlvorschlag angesehen werden sollen. Es wird dies insbesondere dann geschehen, wenn mehrere 
Parteien zwar auf die Aufstellung eigener Bewerber nicht verzichten wollen, zueinander aber näher 
stehen wie zu den anderen Parteien. Die Listenverbindung ist in den 88 8, 9, 16, 17, 25 ber 
Wahlordnung (zu vergleichen auch § 26) berücksichtigt. 
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