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behörden. Es kommen also namentlich der Gerichtsstand des Sitzes
der in Anspruch genommenen Person, Korporation oder Behörde
und der Gerichtsstand des belegenen Grundstückes in Betracht?. In
bezug auf Ablehnung der Gerichtspersonen finden die
Grundsätze des Zivilprozesses analoge Anwendung?.
Die Stellung der Parteien* ist nach den verschiedenen Gesetz-
gebungen keine gleichartige. Da, wo individuell berechtigte Subjekte,
Personen oder Korporationen einander gegenüber stehen, erscheinen
sie auch formell stets in der Stellung von Prozeßparteien. In Hessen
ist die verwaltungsgerichtliche Zuständigkeit im wesentlichen auf
Streitigkeiten dieser Art beschränkt. Dagegen gelangen in den
übrigen Staaten auch solche Angelegenheiten zur Entscheidung der
Verwaltungsgerichte, bei denen auf der einen Seite eine öffentliche
Behörde beteiligt ist. Letztere nimmt in Preußen und Baden die
Stellung einer Prozeßpartei ein und kann je nach Verschiedenheit
der Fälle ebensowohl als Kläger wie als Beklagter auftreten®. In
Bayern und Württemberg dagegen werden die Angelegenheiten, bei
denen Verfügungen der Behörden den Gegenstand des Streites bilden,
mebr in der Form einer Verwaltungsbeschwerde, als in der eines
Prozeßes behandelt. Die Befugnis, die Verwaltungsgerichte an-
zugehen, steht nur dem zu, der in seinen individuellen Rechten ver-
letzt zu sein glaubt, und die Behörde nimmt nicht die Stellung einer
Prozeßpartei, sondern die eines niederen Verwaltungsorganes ein,
gegen dessen Entscheidung Rekurs an die höhere Instanz ergriffen
wird®. Die Parteien können sich durch Bevollmächtigte vertreten
lassen’. Bei Verwaltungsstreitigkeiten handelt es sich aber niemals
blo® um individuelle Rechte und Pflichten, sondern stets auch um
öffentliche Interessen. Die Wahrung letzterer liegt in allen Fällen,
waltungsgerichtsbarkeit eingehend geregelt. Nur in Hessen beschränkt sich das
Gesetz auf wenige Vorschriften. Das Verfahren wird nach Verw.Ger.G. Art. 16,
soweit nicht das Gesetz selbst Bestimmungen darüber enthält, durch ein Regulativ
eregelt, welches der Verwaltungsgerichtshof selbst mit Genehmigung des
inisteriums erläßt. [Vgl. Anschütz, Verw.R. S. 367; Otto Mayer 1, 171;
Friedrichs, Die Besonderheiten des preußischen Verwaltungsstreitverfahrens
im Verhältnis zu den Verfahren, welche über andere Rechtsstreitigkeiten statt-
finden, und ihre Berechtigung. Verw.Arch. 6, 858; Bartels, Das Verfahren
vor den Verwaltungsgerichten. 1907.] ,
® Preuß. L.V.G., 88 57—59; Bayr. G. Art. 17. Württembg. G. Art. 20;
Bad. Verw.Ger.G. $ 9.
® Preuß. L.V.G. 88 61, 62. Bayr. G. Art. 18. [Sächs. G. $ 18.] Württemb. G.
Art.8. Bad. Verw.Ger.G. $ 1. Hess. Verw.Ger. G. Art. 3.
+ [Über die Stellung der Parteien vgl. Otto Mayer 1, 181; Zorn,
Verw.Arch. 2, 100; Schultzenstein, Verw.Arch. 2, 148; Friedrichs,
Verw.Arch. 6, 400; Schultzenstein, Parteien, Parteifähigkeit und Partei-
begriff im Verwaltungsstreitverfahren nach dem Landesverwaltungsgesetze.
Verw.Arch. 12, 112; Kopitz Der Parteibegriff im preuß. Verwaltungsstreit-
verfahren. 1907. Vgl. dazu Schultzenstein, Verw.Arch. 15, 475.]
® Preuß. L.V.G. s 63, 74. Wenn das Gesetz die öffentliche Behörde,
welche die Rolle des Klägers oder Beklagten wahrzunehmen hat, nicht be-
zeichnet, so hat der Vorsitzende des Kreis-(Stadt-)Ausschusses, der Regierungs-
präsident oder der Ressortminister einen Kommissar zur Übernahme der Partei-
rolle zu bestellen. Bad. Verw.Ger.G. $$ 12, 41.