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5. Pflicht, die 8 Fabriken, ZRaffinerien und
Melasseentzuckerungsanstalten dem Nieder-
lageverfahren, d. h. der Abschließung und
ständigen amtlichen Ueberwachung zu unterwer-
fen und eine Reihe anderer Maßnahmen zu
treffen, um die heimliche Fortschaffung von 8
aus der steuerlichen Aufsicht zu verhindern.
Die gegenseitige Beziehung und die wirtschaft-
liche Bedeutung dieser einzelnen Bestimmungen
der Konvention wird klar, wenn man sich ver-
gegenwärtigt, daß die Hauptteilnehmer an der
Konvention in zwei Gruppen von Interessenten
zerfallen. Auf der einen Seite die Z erzeugen-
den und ausführenden Länder: Deutschland,
Oesterreich-Ungarn, Belgien, Frankreich, die
Niederlande; auf der anderen Seite das Z Ver-
brauchsland England, das selbst keinen Z er-
zeugt. Die Verpflichtung zur Prämienabschaf-
fung und zur Beschränkung des Ueberzolls ist
hauptsächlich zu Lasten der ersteren Gruppe,
während die Verpflichtung zur Erhebung von
Ausgleichszöllen für prämiierten Z und zur
Gleichbehandlung des Rüben B und des Rohr B
im wesentlichen die Gegenleistung Englands da-
für bildet.
Italien (unten IV.) und Schweden er-
zeugen zwar 3, führen aber nicht aus. So lange
sie keinen 8 ausführen, sind sie von der Ver-
pflichtung zur Abschaffung der Prämien, zur Ein-
führung des Niederlageverfahrens und zur Be-
messung des Ueberzolls auf den Konventions-
satz befreit.
Zur Ueberwachung der Ausführung der Be-
stimmungen der Konvention ist eine ständige
Kommission mit dem Sitz in Brüssel
eingesetzt, in der jeder an der Konvention be-
teiligte Staat durch Delegierte vertreten ist.
Die ständige Kommission hat insbesondere die
Aufgabe, festzustellen, ob die Vertragstaaten die
von ihnen übernommenen Verpflichtungen er-
füllen und ob in Nichtvertragstaaten Prämien
bestehen, sowie gegebenenfalls die Ausgleichszölle
festzusetzen, ferner Gutachten über Streitfragen
abzugeben, und endlich Anträge anderer Staa-
ten auf Zulassung zur ZVereinigung zu prü-
en.
II. Im Juni 1907 erklärte England, die
Konvention über den 1. 9. 08 hinaus nicht fort-
setzen zu können, wofern es nicht von der Ver-
pflichtung zur Anwendung von Ausgleichsmaß-
regeln gegen Prämien Z befreit würde.
In der Zusatzakte v. 28. 8. 07 (Rl 135)
wurde darauf die Konvention von allen bisher
beteiligten Staaten auf weitere fünf Jahre ver-
längert; England wurde von der Verpflichtung,
den prämiierten Z mit Ausgleichszöllen zu be-
legen oder seine Einfuhr zu verbieten, befreit, den
übrigen Vertragstaaten aber das Recht zugestan-
den, bei der Einfuhr von raffiniertem Z aus
England ein Ursprungszeugnis mit der Beschei-
nigung zu verlangen, daß darin kein Prämien Z
enthalten sei.
Die aus der Zulassung prämiierten Z nach dem
englischen Markt erwartete Schädigung unserer
Ausfuhr, die hauptsächlich von Rußland drohte,
ist wesentlich abgeschwächt worden durch den Bei-
tritt Rußlands. In dem Protokoll v. 19.
12. 07 (REl 08, 140) erklärt Rußland seinen
Beitritt zu der Konvention und der Zusatzakte
Zuckersteuer (Brüsseler Konvention)
mit allen daraus sich ergebenden Rechten und
Pflichten, jedoch mit der Maßgabe, daß es seine
bestehende 8t esetzgebung unverändert läßt
und daß es seine ZAusfuhr für die sechs Jahre
v. 1. 9. 07 bis zum 31. 8. 13 auf die Gesamt-
höchstmenge von einer Million Tonnen (300 000 t
für das Doppeljahr 1907/09 und je 200 000 t für
jedes der folgenden vier Betriebsjahre) beschränkt.
Unter diese Ausfuhrbeschränkung fällt jedoch nicht
die Ausfuhr nach Finnland, auf der Landseite
nach Persien und über die Landgrenze nach den
an Rußland grenzenden asiatischen Ländern mit
Ausnahme der asiatischen Türkei.
Deutschland hat die Zusatzakte und das Proto-
koll über den Beitritt Rußlands zur Konvention
erst ratifiziert, nachdem es inzwischen das Ab-
kommen mit Rußland vom 20. 1. 08 (R Bl 144)
geschlossen hatte, wodurch Rußland für die Dauer
der Zugehörigkeit beider Länder zur Brüsseler
Konvention dem Deutschen Reiche das Recht zu-
gesteht, von dem aus Rußland nach Deutschland
eingeführten und zum Verbrauch im Inlande be-
stimmten Z die zur Zeit in Geltung befindlichen
Eingangszölle und Zuschläge zu erheben.
Z III. So ist die Brüsseler Konvention zwar mit
einem erweiterten Kreise beteilig-
ter Staaten in eine neue fünfjäh-
rige Geltungsdauer eingetreten, ihre
rechtliche Gestalt und ihre wirtschaftliche Bedeu-
tung für die ZIndustrien der beteiligten Län-
der ist aber in wesentlichen Beziehungen
verändert. Daß diese Veränderungen ver-
langt werden konnten und zugestanden werden
mußten, findet seine Erklärung wohl hauptsächlich
in der eigenartigen wirtschaftlichen Beziehung
zwischen England, dem großen Z Verbraucher,
und den W E* die für ihre Ueber-
erzeugung auf den aufnahmefähigen ischen
Markt angewiesen sind. brefähig englisch
Einer der wichtigsten Bestimmungen der Kon-
vention, der Festsetzung von Ausglei chsmas-
regeln gegen den Prämien Z, ist der Haupt-
wert entzogen durch Befreiung Englands
von der Verpflichtung zur Anwendung dieser
Maßregeln. Die neue Bestimmung, daß die
übrigen Vertragstaaten bei der Einfuhr eng-
lischer Raffinade Ursprungszeugnisse verlangen
können, die das Vorhandensein von prämiiertem
3 in der Raffinade ausschließen, ist nur eine Folge
dieser Ausnahmestellung Englands und gerecht-
fertigt durch den Anspruch der übrigen Länder,
ihrerseits gegen das Eindringen von Prämien 3
über England geschützt zu bleiben.
Der oberste Grundsatz der Konvention, daß die
an ihr beteiligten Staaten keine Prämien
für die Ausfuhr gewähren dürfen, ist durch-
brochen worden durch die Zulassung
Rußlands, dessen 8 von der ständigen
Kommission unter Festsetzung von Ausgleichs-
zöllen für prämiiert erklärt worden ist. Durch den
Beitritt Rußlands ist dieser Beschluß der ständi-
gen Kommission keineswegs beseitigt, sonderm
es ist nur seine Wirkung auf gewisse Zeit und
für bestimmte Mengen suspendiert worden; es
ist nur die Fiktion begründet, daß die russische
ZAusfuhr bis zur Höhe des Ausfuhrkontingents
leine Prämie genieße. Die von der Kommission
gegen Rußland festgesetzten Ausgleichszölle be-
stehen aber nach wie vor, sie finden sogar im