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stellt, daß die als ein Vergehen in die af-
fentliche Sitzung verwiesene That ein zur
Aburthellung durch das Kreis= und Stadt-
gericht geeignetes Verbrechen sei, so ist die
Verhandlung vor einem aus fünf Nichtern
bestehenden Senate zu wiederholen.
Art. 323.
In der Hauptsache ist über die Frage
zu berathen und abzustimmen:
ob der Beschuldigte der That, we-
gen welcher er vor Gericht gestellt
wurde, für schuldig zu achten sei?
Die Richter haben hiebei die in dem
Art. 171. Ziff. 1. ertheilte Vorschrift zur
NRicheschnur zu nehmen.
Art. 324.
Wenn kein genügender Beweis vor-
handen ist, daß der Beschuldigte die ihm
zur Last gelegte That begangen habe, des-
gleichen wenn ein die Rechtswidrigkeit der
That oder die Zurechnungsfähigkeit der Per-
son ausschließender Umstand vorliegt, oder
die erwiesene That nach ihren Merkmalen
nicht unter ein Strafgesetz fällt, so ist der
Beschuldigte freizusprechen.
Art. 325.
Ist der Beschuldigte für schuldig be-
funden worden, so ist sofort die gegen ihn
zu verhängende Strafe festzustellen.
Hiebei können, wenn der Schuldaus-
spruch nur durch Mehrheit der Stimmen
erfolgt ist, diejenigen Richter, welche gegen
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den Schuldausspruch stimmten, sich der Ab-
stimmung enthalten.
Ihre Stimmen werden, wenn sie von
dieser Befugniß Gebrauch machen, denjeni-
gen beigezählt, welche dem Beschuldigten
am günstigsten sind.
Art. 326.
Dem Urtheile sind Entscheidungsgründe
sowohl bezüglich der That= als der Rechts-
frage beizufügen.
Art. 327.
Bei Verkündung eines Strafurthei-
les hat der Senatsvorstand den Verurtheil-
ten über das ihm gesehlich zustehende Rechts-
mittel der Berufung und über die zur Ein-
legung derselben gestattete Frist zu belehren.
Zweiter Titel.
Von der Vernfung.
Art. 328.
Beschwerden gegen die Urtheile der
Kreis= und Stadegerichte sind auf dem
Wege der Bernfung geltend zu machen.
Art. 329.
Gegen ein freisprechendes Urtheil kann
bloß von dem Staatsanwalte die Berufung
ergriffen werden. ·
Gegen ein Urtheil, welches eine Strafe
aus spricht, steht sowohl dem Staatsanwalte
als dem Verurtheilten die Berufung zu.
Art. 330.
Wenn der Verurthellte bei ergriffener