Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1848. (9)

367 
stellt, daß die als ein Vergehen in die af- 
fentliche Sitzung verwiesene That ein zur 
Aburthellung durch das Kreis= und Stadt- 
gericht geeignetes Verbrechen sei, so ist die 
Verhandlung vor einem aus fünf Nichtern 
bestehenden Senate zu wiederholen. 
Art. 323. 
In der Hauptsache ist über die Frage 
zu berathen und abzustimmen: 
ob der Beschuldigte der That, we- 
gen welcher er vor Gericht gestellt 
wurde, für schuldig zu achten sei? 
Die Richter haben hiebei die in dem 
Art. 171. Ziff. 1. ertheilte Vorschrift zur 
NRicheschnur zu nehmen. 
Art. 324. 
Wenn kein genügender Beweis vor- 
handen ist, daß der Beschuldigte die ihm 
zur Last gelegte That begangen habe, des- 
gleichen wenn ein die Rechtswidrigkeit der 
That oder die Zurechnungsfähigkeit der Per- 
son ausschließender Umstand vorliegt, oder 
die erwiesene That nach ihren Merkmalen 
nicht unter ein Strafgesetz fällt, so ist der 
Beschuldigte freizusprechen. 
Art. 325. 
Ist der Beschuldigte für schuldig be- 
funden worden, so ist sofort die gegen ihn 
zu verhängende Strafe festzustellen. 
Hiebei können, wenn der Schuldaus- 
spruch nur durch Mehrheit der Stimmen 
erfolgt ist, diejenigen Richter, welche gegen 
368 
den Schuldausspruch stimmten, sich der Ab- 
stimmung enthalten. 
Ihre Stimmen werden, wenn sie von 
dieser Befugniß Gebrauch machen, denjeni- 
gen beigezählt, welche dem Beschuldigten 
am günstigsten sind. 
Art. 326. 
Dem Urtheile sind Entscheidungsgründe 
sowohl bezüglich der That= als der Rechts- 
frage beizufügen. 
Art. 327. 
Bei Verkündung eines Strafurthei- 
les hat der Senatsvorstand den Verurtheil- 
ten über das ihm gesehlich zustehende Rechts- 
mittel der Berufung und über die zur Ein- 
legung derselben gestattete Frist zu belehren. 
Zweiter Titel. 
Von der Vernfung. 
Art. 328. 
Beschwerden gegen die Urtheile der 
Kreis= und Stadegerichte sind auf dem 
Wege der Bernfung geltend zu machen. 
Art. 329. 
Gegen ein freisprechendes Urtheil kann 
bloß von dem Staatsanwalte die Berufung 
ergriffen werden. · 
Gegen ein Urtheil, welches eine Strafe 
aus spricht, steht sowohl dem Staatsanwalte 
als dem Verurtheilten die Berufung zu. 
Art. 330. 
Wenn der Verurthellte bei ergriffener
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.